Nach Erlass des Wahlausschreibens laufen im Wesentlichen zwei Prozesse parallel nebeneinander ab:
- Korrekturen bei der Wählerliste durch Einspruch gegen die Wählerliste (§ 4 WO BetrVG).
- Das Einreichen der Wahlvorschläge nebst der Prüfung der Vorschlagslisten, der Beseitigung von Mängeln und der Bekanntmachung der gültigen Vorschlagslisten.
4.4.1 Wählerliste
Einsprüche gegen die Wählerliste
Einsprüche gegen die Richtigkeit der Wählerliste können mit Wirksamkeit für die Betriebsratswahl nur vor Ablauf von 2 Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand schriftlich eingelegt werden (§ 4 Abs. 1 WO BetrVG). Die Wählerliste ist unrichtig, wenn nicht wahlberechtigte Arbeitnehmer in die Wählerliste aufgenommen worden sind oder wahlberechtigte Arbeitnehmer in der Wählerliste fehlen. Die Wählerliste ist ferner unrichtig, wenn Arbeitnehmer dem falschen Geschlecht zugeordnet worden sind, Beispiel: bei zweideutigen Vornamen. Die Richtigkeit ist auch betroffen, wenn die Wählerliste unzutreffende oder unzulässige Angaben enthält. Auch Schreibfehler bezüglich des Namens oder Vornamens können beanstandet werden. Unzulässig sind Einsprüche gegen andere Maßnahmen des Wahlvorstands im Zusammenhang mit der Wählerliste.
Einspruch einlegen kann grundsätzlich jeder Arbeitnehmer. Andere Beteiligte wie etwa der Arbeitgeber oder die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften sind nach der Rechtsprechung nicht einspruchsberechtigt. Im Hinblick auf eine möglicherweise drohende Wahlanfechtung sollte der Wahlvorstand Einwänden des Arbeitgebers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft dennoch nachgehen und die Wählerliste ggf. berichtigen. Im Übrigen kann für den Arbeitgeber der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch das Arbeitsgericht in Betracht kommen.
Einsprüche müssen vor Ablauf von 2 Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens beim Wahlvorstand eingelegt werden. Die Frist beginnt nach Ablauf des Tages, an dem das Wahlausschreiben erlassen worden ist, und endet nach Ablauf von 2 Wochen am gleichen Wochentag (§ 4 Abs. 1 WO BetrVG). Der Wahlvorstand kann den Ablauf der Zwei-Wochen-Frist konkretisieren, indem er eine Uhrzeit festlegt (§ 41 Abs. 2, § 4 Abs. 1 WO BetrVG). Diese darf allerdings nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler an diesem Tag liegen. Diese Regelung ist sehr problematisch: Erstens ist unklar, weshalb es auf die Wählerinnen und Wähler ankommen soll, da die Absicht der einzelnen Wahlberechtigten zur Teilnahme an der Wahl vorab kaum feststehen kann; gemeint sein dürften die Wahlberechtigten. Zweitens ist kaum feststellbar, wie viele Wahlberechtigte tatsächlich an dem Tag des Fristablaufs im Betrieb sind, wie also die Mehrheit genau zu ermitteln ist: Unvorhersehbare Fehlzeiten, insbesondere Krankheiten, können die Mehrheit beeinflussen. Daher ist der Wahlvorstand gehalten, bei Festlegung einer Frist diese so zu bemessen, dass unabhängig von möglichen Schwankungen in jedem Fall die Mehrheit der Wahlberechtigten zu der Zeit des Fristablaufs ihre Arbeitszeit beendet haben. Er sollte m.a.W. nur eine Zeit festlegen, zu der eine überragende Mehrheit der Wahlberechtigten absehbar ihre Arbeit beendet haben.
Der Einspruch ist schriftlich beim Wahlvorstand einzulegen. Übermittlung durch Telefax ist zulässig. Der Einspruch kann auch per E-Mail eingelegt werden; allerdings genügt nicht ein "normales" E-Mail. Vielmehr muss das E-Mail mit einer elektronischen Signatur versehen werden, die dem Signaturgesetz genügt (§ 126 Abs. 3 BGB, § 126a BGB).
Wird gegenüber dem Wahlvorstand mündlich Einspruch eingelegt, hat dieser auf den Schriftformzwang hinzuweisen.
Mit dem "Betriebsrätemodernisierungsgesetz" wurde die Wahlanfechtung bei Fehlern der Wählerliste durch einen neuen § 19 Abs. 3 BetrVG eingeschränkt: Sie ist für die Wahlberechtigten nur noch möglich, wenn derselbe Fehler ordnungsgemäß durch Einspruch gegenüber dem Wahlvorstand beanstandet wurde (und dieser sie nicht korrigiert hat). Das gilt nur dann nicht, wenn die anfechtenden Wahlberechtigten an der Einlegung des Einspruchs gehindert waren.
Wenn also Wahlberechtigte sich vorbehalten wollen, wegen Fehlern des Wahlausschreibens die Betriebsratswahl anzufechten, sollten sie jedenfalls den Einspruch einlegen.
Ein Einspruch kann nicht darauf gestützt werden, dass die Zuordnung der leitenden Angestellten nach § 18a BetrVG fehlerhaft erfolgt sei. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Wahlvorstände (für die Betriebsratswahl und die Sprecherausschusswahl) die Zuordnung übereinstimmend für offensichtlich fehlerhaft halten. Wird ein solcher Einspruch für begründet erachtet, ist die Wählerliste zu berichtigen. Die Entscheidung des Wahlvorstands ist dem Arbeitnehmer, der den Einspruch eingelegt hat, unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Die Entscheidung muss dem Arbeitnehmer spätestens am Tag vor Beginn der Stimmabgabe zugehen.
Entscheidung des Wahlvorstands über den Einspruch
Der Wahlvorstand hat über die Einsprüche unverzüglich (§ 121 BGB) zu entscheiden. Er ...