Rz. 126
Deutscher i. S. d. Grundgesetzes ist nach Art. 116 Abs. 1 GG vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reichs nach dem Stand v. 31.12.1937 Aufnahme gefunden hat. Ausländer ist demnach, wer keines dieser Kriterien erfüllt. Allerdings ist die deutsche Staatsangehörigkeit für den Bezug von Elterngeld nicht erforderlich. Dies zeigt sich bereits an § 1 Abs. 1 Satz 1, der in Nr. 1 zwar einen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland zur Voraussetzung macht, zur Frage der Staatsangehörigkeit jedoch schweigt. Gleichwohl soll die Familienleistung Elterngeld nur Eltern gezahlt werden, "die sich voraussichtlich dauerhaft im Inland aufhalten werden". Hierüber erlangt das Merkmal der Staatsangehörigkeit wiederum Bedeutung, denn für Ausländer lässt sich grds. nicht ohne Weiteres sagen, ob ihr Aufenthalt im Inland von Dauer sein wird.
Rz. 127
Ob der Aufenthalt eines Ausländers im Inland dauerhaft ist, hängt entscheidend von seinem aufenthaltsrechtlichen Status ab. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bestimmte Gruppen von Ausländern unter aufenthaltsrechtlichen Gesichtspunkten keinen Beschränkungen unterliegen. Es ist zwischen nicht freizügigkeitsberechtigten und freizügigkeitsberechtigten Ausländern zu unterscheiden.
Recht auf Freizügigkeit ist ausschlaggebend
Der Unterscheidung zwischen nicht freizügigkeitsberechtigten und freizügigkeitsberechtigten Ausländern kommt für den jeweiligen Antragsteller und die das Elterngeld bewilligende Behörde große Bedeutung zu. Denn es sind nur die nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländer, welche die zusätzlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 7 erfüllen müssen.
8.1 Ausländer mit Freizügigkeitsberechtigung
Rz. 128
Freizügigkeitsberechtigte Ausländer sind deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt. Sie unterfallen daher nicht dem Anwendungsbereich von § 1 Abs. 7. Ein Anspruch auf Elterngeld können sie daher bereits erfolgreich geltend machen, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 bis 6 erfüllen und § 1 Abs. 8 einer Bewilligung nicht entgegensteht. Zwar mag der Begriff der Freizügigkeit primär mit Unionsbürgern in Verbindung gebracht werden, entsprechende internationale Vereinbarungen führen jedoch dazu, dass sich die Gruppe der freizügigkeitsberechtigten Ausländer nicht nur aus den sog. EU-Ausländern zusammensetzt.
8.1.1 Bürger von Mitgliedstaaten der Europäischen Union
Rz. 129
Die größte Gruppe von Ausländern, die sich in Deutschland auf ein Freizügigkeitsrecht berufen können, ergibt sich aus den Bürgern der Europäischen Union. Unionsbürger ist nach Art. 20 Abs. 1 Satz 2 AEUV, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der Europäischen Union besitzt. Art. 21 Abs. 1 AEUV bestimmt das Recht eines jeden Unionsbürgers, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten – vorbehaltlich abweichender Regelungen in den Verträgen und den einschlägigen Durchführungsvorschriften – frei zu bewegen und aufzuhalten. Art. 21 Abs. 1 AEUV gewährt damit ein subjektiv-öffentliches Recht auf freie Einreise, Ausreise, Freizügigkeit und Aufenthalt in Deutschland (und den anderen Mitgliedstaaten), unabhängig davon, welcher Zweck mit der Inanspruchnahme des Freizügigkeitsrechts verfolgt wird. Spezielle Freizügigkeitsgewährleistungen finden sich in Art. 45 AEUV sowie Art. 49, 56 AEUV.
Rz. 130
Das Europäische Primärrecht findet seine Ausgestaltung auf sekundärrechtlicher Ebene. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Richtlinie 2004/38/EG (sog. Freizügigkeitsrichtlinie) des Europäischen Parlaments und des Rates v. 29.4.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten. In Umsetzung der Richtlinie hat der deutsche Gesetzgeber zum 1.1.2005 das Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) in Kraft gesetzt.
Rz. 131
Das FreizügG/EU regelt einfachgesetzlich Einreise und Aufenthalt von Unionsbürgern und deren Familienangehörigen (zum Begriff s. Art. 2 Nr. 2 RL 2004/38/EG). Unionsbürger erhalten nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU von Amts wegen eine Bescheinigung über ihr Aufenthaltsrecht. Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats haben, erhalten eine sog. Aufenthaltskarte.
Rz. 132
Nachweis des Freizügigkeitsstatus
Sowohl der Bescheinigung über das Aufenthaltsrecht als auch der Aufenthaltskarte kommt lediglich deklaratorische Bedeutung zu. Für einen Anspruch auf Elterngeld sind sie nicht konstitutiv. Die Behörde darf einen Antrag auf Elterngeld somit nicht mit der Begründung ablehnen, der Antragsteller habe die entsprechenden Dokumente nicht vorgelegt (vgl. Art. 25 Abs. 1 RL 2004/38/EG).
Ist im Einzelfall die Überprüfung des Freizügigkeitsstatu...