Alexander C. Blankenstein
Leitsatz
Nach neuerer Auffassung, die auch vom Senat vertreten wird, kann jeder Wohnungseigentümer gem. § 21 Abs. 4 WEG - unabhängig von dem Quorum nach § 24 Abs. 2 WEG - vom Verwalter die Aufnahme bestimmter Punkte auf die Tagesordnung einer ordentlichen Wohnungseigentümerversammlung verlangen, wenn die Behandlung dieser Punkte ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
Fakten:
Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft war der ehemalige Bauträger. Seit Längerem wurden von einigen Eigentümern Baumängel beanstandet, bezüglich derer es Streit mit dem Verwalter in dessen Funktion als Bauträger gab. Im Zuge der Einberufung einer Eigentümerversammlung verlangte der Beiratsvorsitzende die Aufnahme weiterer Tagesordnungspunkte im Hinblick auf Mängelbeseitigungsmaßnahmen. Dem Begehren kam der Verwalter nicht nach, weshalb der Beiratsvorsitzende das Einberufungsschreiben ergänzte. Der Verwalter weigerte sich, die entsprechenden Tagesordnungspunkte in der Eigentümerversammlung zu behandeln.
Grundsätzlich kann jeder Wohnungseigentümer nach § 21 Abs. 4 WEG die Aufnahme bestimmter Punkte auf die Tagesordnung einer Eigentümerversammlung verlangen, wenn deren Behandlung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Dann braucht insbesondere nicht das Quorum des § 24 Abs. 2 WEG erfüllt sein. Nach dieser Bestimmung hat der Verwalter eine Versammlung einzuberufen, wenn dies von mehr als einem Viertel der Eigentümer unter Angabe der Gründe verlangt wird. Entspricht das Verlangen auf Aufnahme weiterer Tagesordnungspunkte ordnungsmäßiger Verwaltung, kann der Anspruch gegen den Verwalter gerichtlich geltend gemacht werden. Weiter kann der Beiratsvorsitzende in entsprechender Anwendung von § 24 Abs. 3 WEG die Tagesordnung gestalten, wenn der Verwalter sich pflichtwidrig weigert, einen Punkt aufzunehmen oder wenn er das Minderheitenquorum des § 24 Abs. 2 WEG missachtet. Die Weigerung des Verwalters, die formellen Voraussetzungen für die Abstimmung zu einem geforderten Tagesordnungspunkt zu schaffen, ist pflichtwidrig, wenn für dessen Behandlung sachliche Gründe sprechen.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 18.08.2008, 20 W 426/05
Fazit:
Jeder einzelne Wohnungseigentümer hat einen Anspruch auf Ergänzung der Tagesordnung gegen den Verwalter, soweit die Aufnahme der weiteren Tagesordnungspunkte ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Die Beurteilung dessen, ob nun die Aufnahme eines bestimmten Tagesordnungspunkts ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht oder nicht, obliegt selbstverständlich der entsprechenden Prüfung in jedem konkreten Einzelfall. Vorliegend waren die Voraussetzungen trotz der persönlichen und wirtschaftlichen Verflechtungen des Verwalters mit dem Bauträger deshalb nicht gegeben, weil Beschlüsse über Mängelbeseitigungsmaßnahmen beschlossen werden sollten, die noch Gegenstand eines laufenden selbstständigen Beweisverfahrens waren, dessen Ausgang noch abgewartet werden musste.
Eigentümer können jedoch grundsätzlich nicht mehr darauf verwiesen werden, der Aufnahme weiterer Tagesordnungspunkte müssten mehr als ein Viertel der Eigentümer zustimmen. Klargestellt wurde daneben in dieser Entscheidung, dass der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats bei pflichtwidriger Weigerung des Verwalters berechtigt ist, die Tagesordnung entsprechend zu ergänzen, wenn die Aufnahme weitere Tagesordnungspunkte ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Verwalter sollten in diesen Fällen selbstverständlich auch die entsprechenden Tagesordnungspunkte zur Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung stellen. Ansonsten könnte durchaus ein wichtiger Grund zur sofortigen Abberufung des Verwalters angenommen werden.