Leitsatz
Art. 5 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie ist dahin auszulegen, dass in einem Fall, in dem ein Leasingnehmer das geleaste Fahrzeug im Namen und für Rechnung des Leasinggebers bei Tankstellen betankt, keine Kraftstofflieferung des Leasinggebers an den Leasingnehmer vorliegt.
Sachverhalt
Ein Leasingunternehmen für Kfz mit Sitz in Holland bot Leasingnehmern – zusammen mit dem Kfz-Leasing – eine sog. Kraftstoffverwaltung an. Der Leasingnehmer erhielt eine Kreditkarte auf den Namen des Leasinggebers, mit der er bei der Tankstelle tankte. Die Leasingnehmer zahlten monatlich vorab an den Leasinggeber ein Zwölftel ihrer voraussichtlichen jährlichen Tankkosten. Am Jahresende wurde abgerechnet. Der Leasinggeber versteuerte die gesamten Leistungen in den Niederlanden. Für Tankrechnungen deutscher Tankstellen beantragte er Vorsteuervergütung. Diese versagte das Bundesamt für Finanzen. Der BFH legte wegen der Doppelbesteuerungsfrage die Sache dem EuGH vor.
Konsequenzen für die Praxis
Die o.g. Antwort des EuGH auf die BFH-Frage ist mit Vorsicht zu behandeln. Sie kann missverständlich sein, weil ihre Formulierung die Vorlagefrage einbezieht, die von der rechtlichen Möglichkeit des Benzineinkaufs durch den Leasingnehmer im Namen und für Rechnung des Leasinggebers (aufgrund der Kreditkarte) ausging. Der EuGH bestimmte bislang den Leistungsaustausch nach dem Rechtsverhältnis zwischen den Leistenden und dem Leistungsempfänger bzw. der Vereinbarung zwischen den Beteiligten. Der BFH stellte in seiner ständigen Rechtsprechung (die sich ihrerseits auf EuGH-Rechtsprechung beruft) darauf ab, dass das (vertragsgemäße) Auftreten im jeweiligen Namen die Leistungsbeziehungen bestimmt. Wollte man der Antwort des EuGH eine Abweichung davon entnehmen, läge darin ein gewisses "Chaos-Potenzial". Eine sog. wirtschaftliche Betrachtungsweise wird durch die BFH-Rechtsprechung wegen der damit verbundenen Rechtsunsicherheit längst nicht mehr herangezogen.
So scheint es aber seitens des EuGH nicht gewollt zu sein; denn die Entscheidungsgründe weichen von der so formulierten Antwort ab. Nach Rn 36 des Urteils würdigt der EuGH vielmehr den Vorgang nicht als Vertrag über eine Kraftstofflieferung, sondern als Vertrag über die Finanzierung des Kraftstoffbezugs.
Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH in anderen Fällen den üblichen Weg der Beteiligten- Bestimmung anhand der "rechtlichen Vereinbarung" zwischen diesen weiterverfolgt.
Leasingnehmer, die aufgrund ähnlicher Leasingbedingungen den Kraftstoff-Kauf abwickeln, sollten sich jedenfalls vorsorglich bei den Tankstellen die Quittungen geben lassen, um für ihren Vorsteuerabzug als Leistungsempfänger vorzusorgen.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 06.02.2003, C-185/01