Leitsatz
Kernproblem der BGH-Entscheidung war die Frage, ob bereits bei der Bestimmung des Bedarfs nach §§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 S. 1 BGH die in den Tilgungsraten liegende Vermögensbildung ausgeschlossen wird und ob in der Trennungsphase generell nur der angemessene Nutzungswert eines Eigenheims anzusetzen ist oder bereits der volle Mietwert.
Sachverhalt
Die Parteien stritten um den Trennungsunterhalt für die Zeit ab April 2005. Sie hatte 1984 geheiratet. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1985 und 1987 geborene Söhne hervorgegangen. Die Trennung der Parteien erfolgte im Dezember 2004. Die Klägerin zog seinerzeit gemeinsam mit dem jüngeren Sohn aus der im hälftigen Miteigentum der Parteien stehenden Ehewohnung aus. Zuvor hatten die Parteien im Dezember 2004 einen notariellen Ehevertrag geschlossen, mit dem die Klägerin ihre ideelle Miteigentumshälfte an dem Hausgrundstück auf den Beklagten übertrug. Als Gegenleistung hierfür erhielt sie 75.000,00 EUR.
Der Beklagte erzielte unterhaltsrelevante Nettoeinkünfte von monatlich 3.256,49 EUR. Für den verbleibenden Barunterhaltsbedarf des älteren Sohnes, der eine Ausbildungsvergütung bezog, kam er alleine auf. Darüber hinaus schuldete er dem bei der Klägerin wohnenden Sohn Barunterhalt, der sich ab April 2005 auf monatlich 406,00 EUR belief.
Die Klägerin war im Umfang von 28 Wochenstunden erwerbstätig und erzielte hieraus ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von ca. 953,00 EUR.
Der Beklagte zahlte Trennungsunterhalt i.H.v. 257,80 EUR. Das erstinstanzliche Gericht hatte ihn verurteilt, über diesen freiwillig geleisteten Betrag hinaus weitere 516,20 EUR monatlich zu zahlen. Auf die Berufung des Beklagten hat das OLG das Urteil abgeändert und den Beklagten verurteilt, über den freiwillig gezahlten Betrag hinaus Unterhalt in zeitlich gestaffelter Höhe, zuletzt ab Oktober 2005 i.H.v. 367,43 EUR zu zahlen.
Hiergegen richtete sich die zugelassene Revision des Beklagten.
Sein Rechtsmittel hatte Erfolg.
Entscheidung
Der BGH hat zunächst seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach im Falle des Auszugs eines Ehepartners aus dem gemeinsamen Eigenheim nicht der volle Wohnwert zur Bedarfsbestimmung heranzuziehen sei, um den in der Wohnung verbleibenden Ehegatten nicht bereits zu Beginn der Trennung zur anderweitigen Verwertung des Eigenheims zu zwingen. Während der Trennung sei der Gebrauchswert danach zu bestimmen, welcher Mietzins auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine dem ehelichen Lebensstandard angemessene kleinere Wohnung zu zahlen wäre (BGH v. 22.4.1998 - XII ZR 161/96 in FamRZ 1998, 899 ff.).
Diese Rechtsprechung hat der BGH jetzt modifiziert. Stehe das endgültige Scheitern der Ehe fest, was regelmäßig mit Zustellung des Scheidungsantrages oder Abschluss einer die Vermögensverhältnisse regelnden Scheidungsfolgenvereinbarung anzunehmen sei, entfalle der Gesichtspunkt der Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Ab diesem Zeitpunkt sei danach der volle Mietwert heranzuziehen.
Eine Modifizierung seiner bisherigen Rechtsprechung hat der BGH auch zur Anerkennung der Tilgungsleistungen als einen den Nutzungsvorteil mindernden Aufwand vorgenommen. Diese Leistungen werden vom BGH nur noch solange anerkannt, solange der andere Ehegatte an den Tilgungsleistungen güterrechtlich teilnimmt, somit bis zur Zustellung des Ehescheidungsantrages oder mit Vereinbarung der Gütertrennung, weil auch danach eine Teilhabe an den Tilgungen entfalle. Damit könne ab diesem Zeitpunkt nur noch der Zinsaufwand anerkannt werden. Allerdings könnten Tilgungsleistungen als besondere Form einer ergänzenden Altersvorsorge berücksichtigt werden.
Hinweis
Beim Miteigentum der Ehepartner an einem Eigenheim sind die Tilgungsleistungen weiterhin von dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen, wenn sie alleine von ihm bedient werden, weil der Teilhabegesichtspunkt in diesem Fall bestehen bleibt. Allerdings kommt in diesem Fall ein Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 Abs. 1 BGB nicht in Betracht.
Weniger eindeutig ist die Rechtslage, wenn Ehegatten mit der Tilgung von Verbindlichkeiten aus dem Erwerb einer Immobilie bewusst einen Teil ihres Einkommens zur Vermögensbildung herangezogen und deshalb ihren Konsum eingeschränkt haben. Soweit dies zur Bildung einer ergänzenden Altersvorsorge erfolgt ist, kann ein Anteil von 4 % anerkannt werden. Ansonsten werden die ehelichen Lebensverhältnisse hierdurch nicht geprägt.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 05.03.2008, XII ZR 22/06