Leitsatz
Die Parteien waren getrenntlebende Eheleute. Sie hatten im Jahre 1991 geheiratet. Die Trennung erfolgte im Jahre 2005. Aus ihrer Ehe waren zwei Kinder hervorgegangen, die im Haushalt der Ehefrau lebten und von ihr betreut wurden.
Die Ehefrau nahm den Ehemann auf Zahlung von Kindesunterhalt sowie Trennungsunterhalt ab Februar 2005 in Anspruch. Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil vom 15.8.2006 rechtskräftig geschieden.
Erstinstanzlich stritten die Parteien über die Höhe der Einkünfte des Beklagten sowie die Höhe und Berücksichtigungsfähigkeit der Einkünfte der Klägerin, die sie bis Oktober 2005 aus halbschichtiger und ab November 2005 aus vollschichtiger Erwerbstätigkeit erzielt hatte.
Das erstinstanzliche Gericht hat der Ehefrau rückständigen Trennungsunterhalt für die Zeit von Februar 2005 bis einschließlich April 2006 i.H.v. insgesamt 4.217,14 EUR sowie laufenden Trennungsunterhalt ab Mai 2006 i.H.v. 173,00 EUR zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil wandte sich der Beklagte mit seiner Berufung, mit der er hinsichtlich des titulierten Trennungsunterhalts die vollständige Klageabweisung begehrte. Er wandte sich insbesondere gegen die Berücksichtigung eines Betreuungsbonus.
Sein Rechtsmittel hatte nur teilweise Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG war der Beklagte der Klägerin gem. § 1361 BGB zur Zahlung von Trennungsunterhalt in dem titulierten Umfang verpflichtet.
Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts sei das Einkommen der Klägerin nicht um einen Betreuungsbonus i.H.v. 170,00 EUR monatlich zu bereinigen. Zwar habe sie neben ihrer halbschichtigen Tätigkeit die seinerzeit noch 11 Jahre alte Tochter und die weitere 4 Jahre alte Tochter betreut. Die Berufstätigkeit der Klägerin neben der notwendigen Kindesbetreuung sei auch im Rahmen der bis Oktober 2005 ausgeübten halbschichtigen Tätigkeit ohne Zweifel überobligatorisch und hätte seitens der Ehefrau sofort eingestellt werden können, ohne dass ihr dies unterhaltsrechtlich vorzuwerfen gewesen wäre.
Ob und in welchem Umfang ein eigenes Einkommen des unterhaltsbedürftigen Ehegatten, dass dieser neben der Kindererziehung erziele, entsprechend § 1577 Abs. 2 BGB bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen sei, sei nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht pauschal, sondern stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig (vgl. BGH FamRZ 2005, 442, 444; FamRZ 2005, 1154, 1156; FamRZ 2006, 846, 848, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Dabei könne die freiwillige Ausübung einer Berufstätigkeit ein maßgebendes Indiz für eine Vereinbarkeit von Kindererziehung und Arbeitsmöglichkeit im konkreten Einzelfall darstellen. Ein überobligatorisch erzieltes Einkommen sei bei der Unterhaltsbemessung deswegen nicht von vornherein unberücksichtigt zu lassen. Über die Anrechnung sei vielmehr nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Ein konkreter Betreuungsaufwand, der nach den genannten Kriterien zu berücksichtigen wäre, sei von der Klägerin nicht geltend gemacht worden. Auch ohne konkreten Betreuungsaufwand komme die Berücksichtigung eines anrechnungsfreien Betrages des auf einer überobligationsmäßigen Tätigkeit beruhenden Mehreinkommens in Betracht. In welchem Umfang ein überobligatorisch erzieltes Einkommen nach diesen Grundsätzen unberücksichtigt zu bleiben habe, entziehe sich nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung einer schematischen Beurteilung und hänge im Einzelfall davon ab, wie etwa die Kindesbetreuung mit den konkreten Arbeitszeiten unter Berücksichtigung erforderlicher Fahrtzeiten zu vereinbaren sei.
Unter Berücksichtigung der von der Klägerin plausibel dargelegten Erschwernisse hinsichtlich der Vereinbarkeit von Arbeit und Kindererziehung hielt es das OLG für die Dauer der halbschichtigen Tätigkeit für angemessen, einen Betrag von 100,00 EUR monatlich ihres Nettoeinkommens anrechnungsfrei zu belassen.
Ab November 2005 habe die Klägerin ihre Berufstätigkeit ausgeweitet. Sie sei jetzt vollschichtig tätig. Das OLG hielt es für angemessen, angesichts der nunmehr aufgestockten Tätigkeit der Klägerin und der dadurch bedingten weiteren Erschwernisse, Berufstätigkeit nebst dazugehöriger Fahrten und die Erfordernisse der Kinderbetreuung in Einklang zu bringen, ihr von dem so erzielten Einkommen ein Betrag von 450,00 EUR anrechnungsfrei zu belassen. Unter Berücksichtigung der genannten Kriterien ergebe sich für die Zeit von Februar 2005 bis einschließlich April 2006 ein Anspruch auf rückständigen Trennungsunterhalt i.H.v. 3.264,14 EUR. Für die Zeit ab Mai 2006 habe es bei dem erstinstanzlich ausgeurteilten Trennungsunterhalt i.H.v. 173,00 EUR zu verbleiben.
Link zur Entscheidung
OLG Hamm, Beschluss vom 03.04.2007, 3 UF 191/06