Leitsatz
Die Parteien stritten um Trennungsunterhalt. Die Ehefrau hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt wieder in der Türkei. Es ging primär um die Frage ihres Bedarfs dort und die Kriterien für die Bemessung eines fiktiven Einkommens.
Sachverhalt
Die türkische Klägerin und der türkischstämmige Beklagte hatten im Mai 2004 in der Türkei geheiratet und lebten seit März 2005 getrennt. Die Klägerin war am 20.4.2007 in die Türkei zurückgekehrt, da sie für Deutschland kein eigenes Aufenthaltsrecht erlangt hatte.
Bereits im Jahre 2005 hatte der Beklagte in der Türkei die Scheidung eingereicht. Der Scheidungsantrag wurde mit Urteil des zuständigen FamG in Izmir zurückgewiesen. Zugleich wurde der Beklagte verurteilt, an die Klägerin bis zur Rechtskraft des Urteils einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 500 türkischen Lira zu zahlen. Dieses Urteil wurde am 15.6.2006 rechtskräftig.
Zwischenzeitlich hatte der Beklagte auch in Deutschland ein Ehescheidungsurteil erwirkt, das noch nicht rechtskräftig war.
Die Klägerin machte beim FamG Nürnberg Trennungsunterhalt nach türkischem Recht geltend. Das FamG hat den Beklagten zu Unterhaltsleistungen bis zur Rückkehr seiner Frau in die Türkei verurteilt, für die Zeit danach die Klage jedoch abgewiesen. In der Begründung seines Urteils vertrat es die Auffassung, ihr Bedarf sei pauschal um ein Drittel zu kürzen, im Übrigen sei ihr der Mindestlohn in der Türkei als fiktives Einkommen anzurechnen.
Gegen das erstinstanzliche Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Ihr Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg.
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, auf den Unterhaltsanspruch der Klägerin sei gemäß Art. 18 Abs. 1 S. 1 EGBGB türkisches Recht anzuwenden. Dort sei der Trennungsunterhalt in Art. 197 des türkischen Zivilgesetzbuches (TürkZGB) geregelt. Zur Höhe des Unterhalts enthalte das türkische Zivilgesetzbuch keine konkreten Regelungen. Gemäß Art. 18 Abs. 7 EGBGB seien bei der Bemessung des Unterhaltsbetrages die Bedürfnisse des Berechtigten und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltsverpflichteten zu berücksichtigen, selbst wenn das anwendbare Recht etwas anderes bestimme.
Das OLG wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte keine Einigkeit darüber bestehe, wie die Bedürfnisse eines Berechtigten nach türkischem Recht konkret zu bestimmen seien.
Es orientierte sich im vorliegenden Fall an dem Trennungsunterhalt, den das türkische Familiengericht der Klägerin mit Urteil vom 12.10.2005 für die Zeit vom 7.1.2005 bis zum 15.6.2006 zugesprochen hatte, nämlich monatlich 500 türkische Lira. Aufgrund der Inflation in der Türkei sei dieser Betrag etwas zu erhöhen, so dass im Wege der Schätzung 550 türkische Lira angebracht erschienen. Umgerechnet sei dies gerundet ein Betrag von ca. 314,00 EUR, der angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten auch angemessen sei.
Auf diesen Bedarf müsse sich die Klägerin jedoch ein eigenes fiktives Einkommen i.H.v. 224,00 EUR anrechnen lassen. Für sie bestehe die Obliegenheit einer eigenen Erwerbstätigkeit. Obgleich ihr eine Erwerbstätigkeit zugemutet werden könne, übe sie eine solche nicht aus. Sie habe auch den Umfang der Erwerbsbemühungen nicht konkret dargelegt und keine Belege hierüber vorgelegt.
Ebenso wie das FamG ging auch das OLG davon aus, dass die Klägerin in der Türkei jedenfalls den dort staatlicherseits festgelegten Mindestlohn i.H.v. 224,00 EUR erzielen könne.
Dieser Betrag sei ihr als fiktives Einkommen anzurechnen.
Link zur Entscheidung
OLG Nürnberg, Urteil vom 19.03.2008, 7 UF 1406/07