Leitsatz
Getrennt lebende Eheleute stritten sich um die Höhe des Trennungsunterhalts. Die Ehefrau betreute den aus der Ehe hervorgegangenen 9-jährigen Sohn. Es ging primär um die Frage, ob und in welchem Umfang von ihr neben der Betreuung des Kindes eine Erwerbstätigkeit verlangt werden kann.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Jahre 1998 geheiratet und lebten seit März 2007 voneinander getrennt. Sie stritten um die Höhe des von dem Ehemann zu leistenden Trennungsunterhalts. Mit der Geburt des Sohnes kurz nach der Eheschließung im Jahre 1998 gab die Ehefrau ihre Tätigkeit als Industriekauffrau auf und führte den Haushalt. Ferner absolvierte sie eine Zusatzausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin. Der Ehemann vertrat die Auffassung, jedenfalls seit Verstreichen des Trennungsjahres im März 2008 obliege ihr die Ausübung einer Vollzeittätigkeit.
Auf die Klage der Ehefrau war der Ehemann mit Urteil des AG zur Zahlung rückständigen Unterhalts für die Zeit von September 2007 bis Februar 2009 sowie zur Zahlung laufenden Unterhalts ab März 2009 i.H.v. monatlich 1.380,00 EUR verurteilt worden. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Hiergegen hat der Ehemann Berufung eingelegt. Sein Rechtsmittel war teilweise erfolgreich.
Entscheidung
Das OLG rechnete der Ehefrau ab April 2008 ein fiktives Einkommen aus geringfügiger Tätigkeit von 400,00 EUR und ab Januar 2009 aus einer Halbtagstätigkeit i.H.v. 620,00 EUR monatlich zu.
Gemäß § 1361 Abs. 2 BGB könne der bei der Trennung nicht erwerbstätige Ehegatte nur insoweit darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit zu verdienen, als dies von ihm nach seinen persönlichen und den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eheleute zu erwarten sei. Verglichen mit den Anforderungen beim Geschiedenenunterhalt nach §§ 1569 ff. BGB bestehe eine Erwerbsobliegenheit wegen der bis zur Scheidung gesteigerten Verantwortung der Eheleute für einander nur unter wesentlich engeren Voraussetzungen. Im Trennungsjahr könne von dem bisher vereinbarungsgemäß den ehelichen Haushalt führenden Ehegatten die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht verlangt werden. Für den sich anschließenden Zeitraum orientierte sich das OLG an den Grundsätzen, die der BGH zum Umfang der Erwerbsobliegenheit für den Betreuungsunterhalt gemäß § 570 BGB entwickelt hat unter Hinweis darauf, dass während der Trennungszeit weniger strenge Maßstäbe anzulegen seien.
Ein abruptes Antreten einer Vollzeitstelle könne nicht verlangt werden. Da die Klägerin auch bei intakter Ehe noch während des Grundschulbesuchs des Sohnes nicht gearbeitet hatte, hielt das OLG eine Erwerbstätigkeit auf 400,00 Euro-Basis bis Dezember 2008 für ausreichend.
Danach allerdings sei sie zu einer Halbtagstätigkeit verpflichtet, nicht jedoch zur Aufnahme einer Vollzeitstelle. Zwar habe die Ehefrau kindbezogene Gründe, die einer Vollzeittätigkeit entgegenstehen könnten, nicht ausreichend dargelegt. Jedoch sprächen elternbezogene Gründe gegen eine weitergehende Erwerbstätigkeit. Die Klägerin dürfe in gewissem Umfang auf den Bestand der während der Ehe 10 Jahre praktizierten Rollenverteilung mit dem Beklagten als Alleinverdiener vertrauen. Außerdem lebe er in guten wirtschaftlichen Verhältnissen, während die Klägerin in ihren beiden erlernten Berufen über keine reale Beschäftigungschance verfüge.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.10.2009, II-7 UF 88/09