Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Kein Anspruch eines einzelnen Eigentümers auf erstmalige Herstellung ordnungsgemäßen Zustands, wenn die Gemeinschaft mit bestandskräftiger Beschlussfassung Mängelbeseitigung aus einem vom Bauträger erhaltenen Vergleichsbetrag abgelehnt hat
Normenkette
§ 21 Abs. 4, Abs. 5 Nr. 2 WEG
Kommentar
1. Eine Gemeinschaft hatte mit einem Bauträger zur Abgeltung von Trittschallmängeln im Treppenhaus einen außergerichtlichen Vergleich abgeschlossen. Gemäß bestandskräftiger Beschlussfassung wurde der geleistete Vergleichsbetrag von hier DM 210.000 der Rücklage zugeführt und - wegen der Unzumutbarkeit (Staub, Lärm) für die Hausbewohner - weiterhin beschlossen, die Trittschallmängel in allen Treppenhäusern auch in Zukunft nicht zu beseitigen. Eine Eigentümerin beantragte etwa 6 Jahre später, die Gemeinschaft zu verpflichten, im Erdgeschoss und im 1. OG einen Teppichboden zu verlegen, hilfsweise die Eigentümer zu verpflichten, im Treppenhaus geeignete Maßnahmen zur Schallisolierung ihrer Wohnung zu treffen. In nachfolgender Eigentümerversammlung wurde der Wunsch der Antragstellerin, einen Teppichboden zu verlegen (mit Kostenentnahme aus der Instandhaltungsrücklage) abgelehnt, der Antragstellerin jedoch gestattet, auf eigene Kosten unter Berücksichtigung der Brandschutzbestimmungen einen Teppich auslegen zu dürfen; auch dieser Beschluss wurde mangels Anfechtung bestandskräftig.
Der Verpflichtungsantrag hatte dennoch keinen Erfolg.
2. Ob ein Beschluss zustande gekommen ist und welchen Inhalt er hat, ist grundsätzlich Auslegungssache des Tatrichters. Das Rechtsbeschwerdegericht kann hier getroffene Feststellungen nur beschränkt, nämlich auf Rechtsfehler nachprüfen (h.M.). Die Auslegung eines Beschlusses muss nach objektiven Maßstäben vorgenommen werden, wobei allerdings Umstände herangezogen werden können, die in einer Versammlungsniederschrift zum Ausdruck gekommen sind. Im vorliegenden Fall erschöpfte sich die Abstimmung der Wohnungseigentümer nicht nur in der Ablehnung des antragstellerseits eingebrachten Antrages, sondern traf auch über den Alternativantrag eine verbindliche Regelung (zur Frage der Trittschallisolierung durch Verlegung eines Teppichbodens und über die Kostentragung). Inhaltlich wollten damit die Eigentümer auch künftig von einer Beseitigung der Trittschallmängel durch Verlegung eines Teppichbodens absehen, diese Verlegung aber der Antragstellerin auf eigene Kosten gestatten. Der Beschluss enthält hier allein die Zustimmung der Eigentümer zu einer Maßnahme, deren Durchführung sie der Antragstellerin gestatten (bei eigener Kostenfreistellung). Dieser Beschluss wurde bestandskräftig; die von den Eigentümern getroffene Regelung gem. § 21 Abs. 4 WEG ist damit auch für die Entscheidung über den Verpflichtungsantrag maßgebend.
3. Andere konkrete Sanierungsmaßnahmen (abgesehen von bestandskräftig beschlossenen Sanierungsvarianten) hätten einen inhaltlich bestimmten und damit vollstreckbaren Titel zur Voraussetzung, wenn weitere Möglichkeiten in Betracht kommen sollten, mit denen der angestrebte Erfolg erreicht werden könnte (vorliegend nicht ersichtlich). Auch der Amtsermittlungsgrundsatz des Gerichts gebietet es nicht, allen nur denkbaren entfernten Möglichkeiten einer Alternativsanierung nachzugehen, wenn der vorgetragene Sachverhalt dazu keine Veranlassung bietet; eine Beweiserhebung, durch die erst die Grundlagen für einen sachdienlichen Antrag geschaffen werden sollten, muss ein Tatsachengericht nicht durchführen.
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung der in allen Instanzen unterlegenen Antragstellerin bei Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren von DM 5.000.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 25.11.1998, 2Z BR 98/98)
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