Prof. Dr. Christian Rumpf
Rz. 36
Die Gründung einer GmbH erfolgt direkt beim Handelsregister, wobei die Anträge elektronisch über das Datenbanksystem Mersis gestellt werden. Der Notar spielt bei der Gründung einer GmbH keine zentrale Rolle mehr. Nach Vorbereitung der Gründungsdokumente werden diese beim Handelsregister eingereicht und die Eintragung der Gesellschaft beantragt. Die Beglaubigung der Satzung und des Gründungsbeschlusses erfolgt direkt beim Handelsregister. Dadurch hat sich die Prozedur seit der Vorauflage dieses Beitrags weiter verkürzt. Verzögerungen ergeben sich allerdings vor allem bei Gründungen mit ausländischen Dokumenten, weil die Registerbeamten Auslegungs- oder Beurteilungsschwierigkeiten eher als Anlass zu einer restriktiven Eintragungspraxis nehmen. Die Rolle hat sich weiter reduziert, nachdem inzwischen die wesentlichen Dokumente direkt beim Handelsregister entstehen.
Rz. 37
Bei Vorlage beim Handelsregister wird die Satzung anhand der Vorgaben eines Erlasses des Wirtschaftsministeriums geprüft. Dieser Erlass besteht im Wesentlichen in einer Wiedergabe der gesetzlichen Vorschriften, führt aber in der Praxis auch dazu, dass an die Bestimmtheit der Regelungen, insbesondere in Bezug auf Gegenstand und Zweck der Gesellschaft, hohe Anforderungen gestellt werden. Die für die Führung des Handelsregisters zuständigen Handelskammern (sing. Ticaret Odası) halten in der Regel eigene Textmuster vor, welche von Mitarbeitern gerne auch als zwingende Mindeststandards angesehen werden.
Rz. 38
Soll die Gründung vom Ausland aus erfolgen, so müssen weitere Formerfordernisse beachtet werden. Denn ausländische Dokumente müssen den Bestimmungen des internationalen Dokumenten- und Rechtsverkehrs entsprechend behandelt werden. Seit 1985 gilt das Haager Abkommen über die Befreiung ausländischer Urkunden von der Legalisation vom 5.10.1961 auch für die Türkei. Die Vereinfachung, die heute allerdings nicht mehr als solche empfunden wird, besteht darin, dass öffentliche Urkunden (z.B. notarielle Beurkundungen oder Beglaubigungen) durch Anbringung einer "Apostille" "überbeglaubigt" werden müssen. Für diese Anbringung ist in Deutschland der Präsident desjenigen Landgerichts oder Amtsgerichts zuständig, in dessen Sprengel sich der Aussteller der Urkunde (Notar, Gericht etc.) befindet. Der Weg zum türkischen Generalkonsulat ist unter diesen Umständen überflüssig, es sei denn, die Beurkundung bzw. Beglaubigung der Urkunde wird durch einen Notar im Generalkonsulat durchgeführt. In diesem Falle ist dann auch die Apostille entbehrlich, weil der Notar im Generalkonsulat unmittelbar die Aufgaben eines in der Türkei ansässigen Notars wahrnimmt (Art. 195 NotarG). Eine zwingende Rolle spielen die türkischen Generalkonsulate dann, wenn die deutschen Dokumente nicht in der Türkei, sondern in Deutschland übersetzt werden. In diesem Falle muss das türkische Generalkonsulat die Übersetzung ins Türkische beglaubigen. Dies tut es anhand einer Liste von "zugelassenen" Übersetzern, die derzeit aufgrund einer Anweisung des türkischen Außenministeriums die türkische Staatsangehörigkeit besitzen müssen. Es ist also zu empfehlen, die Übersetzungen entweder in der Türkei vornehmen zu lassen oder durch einen Übersetzer in Deutschland, der bei einem türkischen Generalkonsulat gelistet ist.
Rz. 39
Erst mit der Einhaltung dieser Formalitäten erlangen die Dokumente die für die türkische Justiz- und Verwaltungspraxis erforderliche Beweiskraft und nur unter dieser Voraussetzung kann auch die Eintragung ins Handelsregister erfolgen.
Rz. 40
Unter Einhaltung der bereits benannten Voraussetzungen können Vollmachten erteilt werden, auf deren Grundlage Dritte im Namen der Gründer die Formalitäten erledigen. Diese Vollmachten müssen notariell beglaubigt und mit der Apostille versehen werden.