Prof. Dr. Christian Rumpf
Rz. 169
Wenn seitens der Gesellschafter keine Einwände erhoben werden und alle Gesellschafter versammelt sind, dann kann ohne förmliche Einladung auf der Grundlage der Regelungen des Gesellschaftsvertrags oder der gesetzlichen Vorschriften eine Generalversammlung durchgeführt werden. Das Umlaufverfahren ist gem. Art. 617 Abs. 4 HGB ohne Begrenzung der Gesellschafterzahl möglich. Ohne Einhaltung der Ladungsform sind Generalversammlungen möglich, wenn alle Gesellschafter mitwirken oder diesem Verfahren zugestimmt haben (Art. 416 HGB). Die Beschlussfassung im Umlaufverfahren ist also grundsätzlich möglich.
Rz. 170
Gesellschafterbeschlüsse werden wirksam, wenn mindestens die Zahl von Gesellschaftern zustimmt, die mehr als die Hälfte des eingezahlten Kapitals repräsentiert (Art. 620 HGB).
Rz. 171
Art. 621 HGB zählt die Entscheidungen auf, die mit einer Mehrheit von zwei Dritteln des vertretenen Kapitals und der Mehrheit des Gesamtkapitals durch Beschluss getroffen werden können. Das sind:
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die Änderung des Gesellschaftsgegenstands; |
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die Bestimmung von Vorzugsstimmrechten; |
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die Beschränkung, Erleichterung und das Verbot der Übertragung von Geschäftsanteilen; |
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die Kapitalerhöhung; |
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die Beschränkung oder Aufhebung des Rücktrittsrechts; |
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die Verlegung des Firmensitzes; |
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die Genehmigung von Tätigkeiten der Geschäftsführer und Gesellschafter, die dem Loyalitätsgebot (bağlılık yükümü) oder dem Wettbewerbsverbot (rekabet yasağı) widersprechen; |
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der Antrag bei Gericht auf Ausschluss eines Gesellschafters aus wichtigem Grund oder aus in der Satzung bestimmten Gründen; |
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die Auflösung der Gesellschaft. |
Rz. 172
Grundsätzlich gibt es für jeden Anteil eine Stimme. Anteil in diesem Sinne ist der durch die Satzung bestimmte Bruchteil, durch welchen jeder "Geschäftsanteil" teilbar sein muss, also mindestens 25 TL. Somit richtet sich also die Stimmgewichtung nach der Zahl der Bruchteile. Wer mehr Kapital eingezahlt hat, verfügt entsprechend über ein höheres Stimmengewicht. Das kann in der Satzung auch anders bestimmt werden. Allerdings darf einem Gesellschafter sein Stimmrecht nicht vollständig entzogen werden (Art. 618 HGB), ihm steht mindestens eine Stimme entsprechend einem Anteil von 25 TL zu. Keine Abweichung vom Gesetz ist möglich, wenn es um die Wahl der Revisoren geht (Art. 618 Abs. 3 HGB). Dagegen kann der Stimmrechtswert von Gesellschaftsanteilen unterschiedlich bestimmt werden mit der Folge, dass das Gewicht beispielsweise nach Köpfen verteilt wird.
Rz. 173
Das neue HGB hat in Art. 617 Abs. 3 Klarheit geschaffen und bestimmt, dass die Vertretung durch andere Gesellschafter wie auch durch Nichtgesellschafter erfolgen darf.
Rz. 174
Die Gesellschafterbeschlüsse werden wirksam, wenn sie nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen, zur Generalversammlung ordnungsgemäß geladen worden war und die Stimmrechte der Gesellschafter gewahrt wurden sowie die Beschlüsse den Formerfordernissen entsprechend verfasst wurden, d.h. insbesondere mit Unterschriften versehen sind.
Rz. 175
Bringen Gesellschafterbeschlüsse Veränderungen zu Tatsachen, die im Handelsregister eingetragen sind, mit sich, so hat die Geschäftsführung zu veranlassen, dass die Änderungsbeschlüsse von den Gesellschaftern unterschrieben, die Unterschriften notariell beglaubigt und im Handelsregister eingetragen und im Handelsregisterblatt bekanntgemacht werden. Die Beglaubigung setzt nicht unbedingt die Anwesenheit des Gesellschafters beim Notar voraus, der Notar kann auch aufgrund des ihm vorliegenden Unterschriftenzirkulars beglaubigen.