Prof. Dr. Christian Rumpf
Rz. 24
Die mit der offenen Handelsgesellschaft vergleichbare Kollektivgesellschaft (kollektif ortaklık bzw. kollektif şirket, Art. 211 ff. HGB) ist eine Personengesellschaft, die aus mindestens zwei natürlichen Personen besteht. Die Gesellschafter haften mit ihrem vollen Vermögen.
Rz. 25
Kommanditgesellschaften (komandit ortaklık bzw. şirket, Art. 304 ff. HGB) ähneln den Kollektivgesellschaften, allerdings sind hier nur die Komplementäre (komandite) mit ihrem gesamten Vermögen haftbar, der Kommanditist (komanditer) dagegen haftet nur in Höhe seiner Einlage, es sei denn, er ist im Firmennamen benannt. Eine Besonderheit gegenüber dem deutschen Recht besteht darin, dass auch der Komplementär eine natürliche Person sein muss, so dass die Konstruktion der GmbH & Co. KG nach türkischem Recht – das hat sich auch mit dem neuen HGB nicht geändert (Stand Juli 2021) – nicht möglich ist.
Rz. 26
Aktiengesellschaften (anonim ortaklık bzw. anonim şirket, A.Ş., Art. 329 ff. HGB) werden von mindestens einer Person (früher: fünf natürliche oder juristische Personen) zur Verfolgung jedes denkbaren wirtschaftlichen Zweckes gegründet, wobei Kapital und Anteile genau bestimmt werden müssen und die Haftung nur im Rahmen der übertragenen Anteile besteht.
Rz. 27
Kommanditgesellschaften auf Aktien (sermayesi paylara bölünmüş komandit ortaklık bzw. şirket) sind Kapitalgesellschaften, für die bezüglich des Verhältnisses zwischen Komplementären bzw. Kommanditisten zur Gesellschaft und gegenüber Dritten die Regeln über die Kommanditgesellschaft, im Übrigen die Regeln über die Aktiengesellschaft gelten.
Rz. 28
Genossenschaften (kooperatif) waren früher ebenfalls im HGB geregelt, verfügen aber seit längerem bereits über eine eigene gesetzliche Grundlage im Genossenschaftsgesetz. Allerdings enthält vor allem das neue HGB zahlreiche, die Genossenschaften betreffende Bestimmungen. Sie sind nicht nur im Wirtschaftsleben, sondern vor allem auch im privaten Bereich weit verbreitet und bilden insbesondere im Immobiliensektor eine beliebte Alternative zur Eigentümergemeinschaft im Sinne des Stockwerkseigentumsgesetzes. Sie haben häufig für die Mitglieder die Funktion der Altersvorsorge.
Rz. 29
Gesellschaften bürgerlichen Rechts (adi şirket) bestehen aus zwei oder mehreren natürlichen oder juristischen Personen, die sich zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes zusammenschließen, ohne dass es hierfür nötig wäre, einen Firmennamen für die Gesellschaft zu haben, weil Gesellschaften bürgerlichen Rechts keine Rechtspersönlichkeit erlangen. Grundsätzlich haften hier die Gesellschafter persönlich und gesamtschuldnerisch. Auch die Vorgründungsgesellschaft zur GmbH ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Rz. 30
Stiftungen (vakıf) sind im Stiftungsgesetz geregelt. Es handelt sich um Vermögensgesamtheiten, die von Stiftern, d.h. natürlichen oder juristischen Personen, zur Verfolgung eines bestimmten, nicht wirtschaftlichen Zweckes gegründet werden und Rechtspersönlichkeit erwerben (Art. 101 ZGB). Hier haftet das Stiftungsvermögen. Ein Konzept der Stiftungs-GmbH ist dem türkischen Recht unbekannt.
Rz. 31
Dagegen handelt es sich bei Vereinen (dernek) um Personengesamtheiten, die von mindestens sieben natürlichen oder juristischen Personen ins Leben gerufen werden, um dauerhaft bestimmte Zwecke zu verfolgen.
Rz. 32
Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Art. 573 ff. HGB) ist eine von mindestens einer und höchstens 50 natürlichen oder juristischen Personen gegründete Kapitalgesellschaft, bei der die Haftung nach Übertragung des Kapitals an die Firma nur im Rahmen der Kapitaleinlage besteht, deren Mindesthöhe gesetzlich festgelegt ist. Diese beträgt mit 10.000 TL lediglich 20 % des für die Aktiengesellschaft erforderlichen Kapitals. Sie zeichnet sich durch eine enge Verbindung der Gesellschafter aus; dies schlägt sich etwa in den Quoren und Mehrheiten bei Satzungsänderungen nieder, die in der Aktiengesellschaft sehr viel einfacher gestaltet sind. Theoretisch ging Art. 540 HGB a.F. davon aus, dass alle Gesellschafter die Gesellschaftsaufgaben gemeinsam erfüllen und gemeinsam die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft übernehmen, auch wenn der Geschäftsführer letztlich das eigentliche Führungsorgan der GmbH ist. Diese Bestimmung ist entfallen. Bei einer Gesellschaft mit 20 oder weniger Gesellschaftern können diejenigen Gesellschafter, die selbst nicht mit der Geschäftsführung und Vertretung betraut sind, über die Verwaltung der Gesellschaft Auskunft verlangen und die Bücher und Akten einsehen, was wiederum die Nähe zu den Regelungen über Personengesellschaften illustriert (Art. 614 HGB). Für wesentliche Bereiche wie Buchhaltung, Rücklagen, Auflösung, Verwaltung etc. begnügt sich das Gesetz indessen mit Verweisen auf das Recht der Aktiengesellschaften, was nicht gerade zur Übersichtlichkeit des Rechts der Kapitalgesellschaften beiträgt (z.B. Art. 584, 592, 609 f. HGB).