Prof. Dr. Christian Rumpf
Rz. 47
Seit dem 1.7.2012 kann eine GmbH auch durch eine einzelne Person gegründet werden (Art. 573 HGB). Die Höchstzahl liegt bei 50 Personen. Die Gesellschafter können natürliche oder juristische Personen sein (Art. 573 Abs. 1 HGB). Beschränkungen für Ausländer existieren nicht. Die Rechtspersönlichkeit bestimmt sich nach dem Heimatrecht bzw. dem Recht am Sitz der juristischen Person, welche Gesellschafter der GmbH wird.
Rz. 48
Natürliche Personen müssen geschäftsfähig sein. Geschäftsfähig ist nach türkischem Recht, wer volljährig und nicht geistig behindert ist (Art. 14 ZGB). Die Geschäftsfähigkeit entfällt, wenn das Urteilsvermögen fehlt; dies ist von demjenigen zu beweisen, der sich darauf beruft. Minderjährige können allerdings dann Gesellschaftsanteile erwerben, wenn der gesetzliche Vertreter zustimmt (Art. 16 ZGB). Ist der gesetzliche Vertreter nicht ein Elternteil oder die Eltern, sondern ein Vormund, so können sich hier noch Zustimmungserfordernisse durch die Vormundschaftsbehörden ergeben. Handelt es sich bei der Übernahme eines Geschäftsanteils etwa – so der Wortlaut des Art. 463 Ziff. 3 ZGB – um einen Anteil, der "erhebliche Verantwortung" mit sich bringt oder den Einsatz "erheblichen Kapitals" erfordert, so ist die Zustimmung der Zivilkammer (asliye hukuk mahkemesi) erforderlich. Ist ein Elternteil Gesellschafter, der andere nicht, so ist ein Ergänzungspfleger (kayyım) zu bestellen (Art. 426 Abs. 2 ZGB). Die Geschäftsfähigkeit von Ausländern richtet sich nach deren Heimatrecht.
Rz. 49
Eine ausdrückliche rechtliche Schnittstelle zwischen Eherecht und Gesellschaftsrecht in Form einer spezifischen Gesetzesbestimmung kennt das türkische Recht nicht. Art. 192 ZGB bestimmt, dass es zur Ausübung eines Berufs oder Gewerbes keiner Zustimmung des anderen Ehegatten bedarf; Art. 193 ZGB räumt jedem Ehegatten Rechtsgeschäftsfreiheit ein. Eine gesetzliche Befugnis zur Vertretung des einen durch den anderen Ehegatten gibt es nicht, Regelungen zur Vertretung der ehelichen Gemeinschaft durch einen einzelnen Ehegatten enthalten die Art. 188 ff. ZGB. Es gibt also kein eherechtliches Hindernis gegen den Erwerb von Geschäftsanteilen oder die Gründung einer Gesellschaft durch einen Ehegatten. Der erworbene oder in die Ehe eingebrachte Anteil unterliegt allgemein dem Güterrecht wie jedes andere Gut auch. Im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung etwa fällt ein während der Ehe angeschaffter Gesellschaftsanteil in die Errungenschaft (Art. 219 Abs. 1 ZGB). Wird der Anteil bereits in die Ehe eingebracht, gilt er als Eigengut (Art. 220 Zif. 2 ZGB). Erträge aus Gesellschaftsanteilen wiederum fallen in die Errungenschaft (Art. 219 Abs. 2 Zif. 4 ZGB). Durch güterrechtlichen Vertrag können auch andere Regelungen getroffen werden. Vor dem 1.1.2002 galt noch der gesetzliche Güterstand der Gütertrennung, vor diesem Zeitpunkt erworbene Güter sind in diesem Güterstand verblieben. Mitwirkungspflichten bzw. -rechte von Ehegatten gibt es nicht; allein im Falle der Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen der Familie kann ein Ehegatte bei Gericht die Anordnung verlangen, dass der verfügende Ehegatte die Zustimmung des Antragstellers benötigt (Art. 199 ZGB). Damit kann also unter Umständen die wirtschaftliche Situation der Familie einen Einfluss darauf haben, ob ein Ehegatte für die Gründung einer GmbH oder den Erwerb eines Geschäftsanteils die Zustimmung des anderen Ehegatten benötigt. Einen Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen Verhältnisse hat dies jedoch nicht. Schließlich kann das Bestehen einer Ehe zwischen zwei Gesellschaftern eine Rolle spielen etwa dann, wenn die Ehe geschieden wird; dies wird regelmäßig einen wichtigen Grund für die Kündigung der Gesellschaft darstellen. Auch kann das Gericht im Zuge der güterrechtlichen Auseinandersetzung eingreifen, allerdings wird in aller Regel der jeweilige Geschäftsanteil beim Gesellschafter verbleiben und ggf. ein Wertausgleich vorgenommen. Andernfalls wird die Übertragung wie diejenige im Erbgang behandelt (siehe Rdn 159 ff.).