Prof. Dr. Christian Rumpf
Rz. 136
Mit der Gründung der GmbH entsteht zwischen der GmbH und den Gesellschaftern sowie den Gesellschaftern untereinander ein Rechtsverhältnis, aus dem sich verschiedene Teilhabe- und Mitwirkungsrechte, Schutzrechte und wirtschaftliche Rechte herleiten.
Rz. 137
Die Teilhabe- und Mitwirkungsrechte betreffen das Recht, Einfluss auf die Unternehmenspolitik und die Geschäftsführung zu nehmen. Diese Rechte werden ausgeübt durch die Mitwirkung an Abstimmungen, durch Vetorechte, Widerspruchsrechte, die Wahrnehmung von Klagebefugnissen gegen Gesellschafterbeschlüsse, Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen und das Recht, die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen bzw. zu kündigen.
Rz. 138
Wirtschaftliche Rechte betreffen die Einflussnahme auf den Kapitalbestand, einschließlich auf die Aufnahme neuer Gesellschafter, die Haftung und das Recht am Gewinn. Ferner haben die Gesellschafter das Recht, jederzeit Einsicht in die Finanzsituation – Bücher und Bilanzen – der Gesellschaft zu erhalten. Das gilt allerdings nur bei Gesellschaften mit weniger als 20 Gesellschaftern, bei größeren GmbHs erfolgt die Kontrolle durch Revisoren. Nachdem Art. 635 HGB die Revisionsstelle auch für kleinere GmbHs vorsieht (was allerdings derzeit nicht umgesetzt worden ist), ist das entsprechende Kontrollrecht für Gesellschafter entfallen. Es kann nur über das Verlangen nach einer Sonderprüfung erzwungen werden.
Rz. 139
Die Rechtsstellung der Gesellschafter darf durch die Satzung erweitert oder eingeschränkt, die effektive Rechtsausübung aber nicht vollständig aufgehoben werden.
Rz. 140
Die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft ist durch die Einlage begrenzt. Das Gesetz verleiht Gläubigern daher keinen Anspruch, ihre Forderungen gegen die Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern geltend zu machen. Dies ergibt sich daraus, dass es sich bei der Gesellschaft und bei den Gesellschaftern um unterschiedliche Rechts- und Vermögenseinheiten handelt. Die vollständige Haftungsfreistellung setzt allerdings die vollständige Einzahlung auf das Kapital voraus. Ist das Kapital nicht vollständig eingezahlt, so haften der Gesellschafter und seine Vorgänger in seinem haftenden Gesellschaftsanteil nach den bereits oben aufgeführten Grundsätzen. Dabei reduziert sich die Haftung um das Verhältnis der Einzahlung.
Rz. 141
Eine weitere, echte Ausnahme, die nicht dem Gläubigerschutz dient, sondern die öffentliche Hand – nach Auffassung des Verfassers: unangemessen – privilegiert, ist die Haftung nach dem Gesetz zur Einziehung öffentlicher Forderungen. Dessen Art. 35 zufolge kann die öffentliche Hand im Falle der erfolglosen Beitreibung bei der GmbH jeden Gesellschafter im Verhältnis seines Anteils, ggf. also auch über den Nominalbetrag seines Anteils hinaus, für ihre Forderungen gegen die GmbH in Anspruch nehmen. Hat sich also ein Gesellschafter etwa an einem Grundkapital von 100.000 TL zu 25 % beteiligt, kann er in einer Höhe von bis zu 25 % der gegen die GmbH bestehenden Forderungen in Anspruch genommen werden. Beträgt z.B. die Forderung etwa 200.000 TL, so muss er 50.000 TL bezahlen. Ist der Gesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer oder hat die Gesellschaft überhaupt keinen Geschäftsführer bestellt mit der Folge, dass die Geschäftsführung gem. Art. 623 HGB den Gesellschaftern obliegt, so tritt die Haftung in vollem Umfang mit dem eigenen Vermögen ein (Art. 35bis des Gesetzes über die Beitreibung öffentlicher Forderungen). Da auch der Geschäftsführer oder sonstige gesetzliche Vertreter der Haftung für öffentliche Forderungen unterliegt, hat die öffentliche Hand Zugriff gleich auf mehrere Schuldner, die sich dann ggf. untereinander ausgleichen müssen (siehe Rdn 207).
Rz. 142
Ein Gesellschafter kann aus der Gesellschaft austreten oder ausgeschlossen werden, wenn wichtige Gründe vorliegen. Einzelheiten kann die Satzung regeln. Im Übrigen besteht immer die Möglichkeit, dass entweder der Gesellschafter seine Entlassung aus der Gesellschaft oder die Gesellschaft mit Beschluss der absoluten Mehrheit der die einfache Kapitalmehrheit haltenden Gesellschafter den Ausschluss eines Gesellschafters mit Antrag bei Gericht verlangt. Art. 638 HGB regelt das Austrittsrecht eines Gesellschafters. Dem Gericht wird in Art. 638 Abs. 2 HGB die Befugnis zum Erlass vorläufiger Maßnahmen, etwa zur Einfrierung der Gesellschafterrechte bis zum Ende des Verfahrens, eingeräumt. Gemäß Art. 639 HGB können sich weitere Gesellschafter dem Austritt eines Gesellschafters anschließen. Art. 640 HGB schließlich regelt den Ausschluss. Dieser kann jetzt durch Beschluss der Generalversammlung erfolgen, den Beschluss kann der Betroffene gerichtlich anfechten. Sieht die Satzung einen solchen Ausschluss nicht vor, kann die Gesellschaft wie bisher selbst Antrag bei Gericht stellen. Die Ausschlussgründe dürfen nicht zur Diskriminierung einzelner Gesellschafter führen. Gemäß Art. 621 HGB ist für den Ausschluss eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Stimmen und die Mehrhei...