Das Wichtigste in Kürze:

1. Für einige Verstöße gegen § 19 StVO ist 2006 ein (Regel-)Fahrverbot eingeführt worden.
2. Die Fahrverbots-Regelung befindet sich in Nr. 89b.2 BKat.
3. Der Verteidiger muss sich insbesondere mit der Frage befassen, welche (Tatbestands-)Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Hinsichtlich des Fahrverbots stellt sich ggf. die Frage, ob es sich nicht um einen objektiv bzw. subjektiv groben Verstoß gehandelt hat und deshalb ein Fahrverbot nicht verhängt werden darf.
4. Der Verteidiger muss darauf achten, dass im Fall des vorsätzlichen Umfahrens einer geschlossenen Schranke Sonderregelungen gelten.
 

Rdn 3703

 

Literaturhinweise:

Albrecht, Neue Verkehrs- und Bußgeldvorschriften 2006, SVR 2006, 41

Burhoff, Kein Fahrverbot trotz Rotlichtverstoß, VA 2000, 46

ders., Aktuelle Änderungen in den Verkehrs- und Bußgeldvorschriften, VA 2006, 88

ders., Aktuelle Änderungen in der StVO und im Bußgeldkatalog, ZAP F. 9, S. 785

Krumm, Neues Regelfahrverbot – Überqueren des Bahnübergangs trotz Warnzeichen, VRR 2006, 172

ders., Bußgeldverstöße und Fahrverbot bei verbotswidriger Querung des Bahnübergangs, NZV 2010, 602

ders., Täteridentifizierung und Bezugnahme auf Videos und Lichtbilder in der Urteilsbegründung, NZV 2012, 267

s. auch die Hinw. bei → Fahrverbot, Allgemeines, Rdn 1493.

 

Rdn 3704

1. Bund und Länder hatten sich schon in der Vergangenheit um eine Verbesserung der Sicherheit an Bahnübergängen bemüht. Dabei war vor allem das in der Praxis immer wieder zu beobachtende Umfahren von Bahnschranken oder das Missachten von Blinklichtern, die das Überqueren des Bahnübergangs untersagen, von Bedeutung. Diese Verstöße gegen § 19 Abs. 2 S. 1 StVO waren früher nur mit einer Geldbuße von 50,00 EUR bewehrt. Nach Auffassung von Bund und Länder handelte es sich hierbei aber i.d.R. um grob verkehrswidrige Verstöße, die nachhaltige Sanktionen erfordern (dazu die BR-Drucks 813/05, S. 20 f.). Deshalb ist dann zum 1.5.2006 für diese Verstöße ein (neues) Regelfahrverbot eingeführt worden (vgl. BGBl I, S. 3714, 3716). Zum 1.2.2009 hat man die Geldbußen angehoben. Wegen der erheblichen Sanktionen in diesen Fällen (dazu Rdn 3705) soll auch diese Regelung hier vorgestellt werden (auch Krumm NZV 2010, 602).

 

Rdn 3705

2. Die Fahrverbots-Regelung findet sich in Nr. 89b.2 BKat (Albrecht SVR 2006, 46; Burhoff VA 2006, 88; Krumm VRR 2006, 172; ders., NZV 2010, 602 f.). Danach wird derjenige, der in den Fällen des § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 2–4 StVO einen Bahnübergang unter Verstoß gegen die Wartepflicht überquert, mit einer Geldbuße von 240,00 EUR und einem 1-monatigen Fahrverbot belegt. Im FAER werden 2 Punkte eingetragen (lfd. Nr. 2.2.7 der Anlage 13 zu § 40 FeV i.V.m. § 4 Abs. 2 S. 2 StVG).

 

☆ Die Nr. 89b.2 BKat ist in dem Katalog des § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BKatV enthalten. Es handelt sich also um ein Regelfahrverbot . Es gelten die allgemeinen Regeln (→ Fahrverbot , Rechtsgrundlagen , Rdn 1719 ; s.a. Rdn 3711 ff.).Regelfahrverbot. Es gelten die allgemeinen Regeln (→ Fahrverbot, Rechtsgrundlagen, Rdn 1719; s.a. Rdn 3711 ff.).

Das Überqueren eines Bahnübergangs unter Verstoß gegen die (allgemeine) Wartepflicht (§ 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StVO) wird nach Nr. 89b.1 BKat mit einer Geldbuße von 80,00 EUR geahndet. Dieser gilt, wenn keine weiteren Warnzeichen und/oder Schranken am Bahnübergang angebracht sind (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, § 19 Rn 15).

 

Rdn 3706

 

3. Hinweise für den Verteidiger!

a) Bei der Verteidigung eines Mandanten gegen den Vorwurf eines Verstoßes gegen § 19 Abs. 2 StVO muss sich der Verteidiger insbesondere mit der Frage befassen, welche (Tatbestands-)Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Diese Problematik korrespondiert mit der Frage nach dem erforderlichen Umfang der tatrichterlichen Feststellungen (dazu Rdn 3707). Hinsichtlich des Fahrverbots ist von Bedeutung, ob es sich ggf. nicht um einen objektiv bzw. subjektiv groben Verstoß gehandelt hat und deshalb ein Fahrverbot nicht verhängt werden darf.

 

Rdn 3707

b) Der Verteidiger muss im Fall einer Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 19 Abs. 2 S. 1 Nr. 2–4 StVO und der Festsetzung eines Regelfahrverbotes die tatrichterlichen Feststellungen auf ihre Vollständigkeit prüfen (s.a. OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.10.2020 – 1 B 53 Ss-OWi 461/20 [257/20]). Dazu bieten sich folgende Prüffragen an:

 

Rdn 3708

 

Handelt es sich beim Tatort um einen Bahnübergang i.S.d. § 19 StVO?

Der Begriff des "Bahnübergangs" (Hentschel/König/Dauer/König, § 19 StVO Rn 6 ff.) muss mit "Tatsachen aufgefüllt" werden, d.h. die Örtlichkeit muss so beschrieben werden, dass sich aus dem Urteil eine "Örtlichkeit Bahnübergang" ergibt (vgl. für den Begriff der "Nässe" OLG Hamm NZV 2001, 90 = DAR 2001, 85 = VRS 100, 61; vgl. Rdn 3713).
 

☆ Das bloße Überqueren einer Bahnlinie an einer hierfür nicht vorgesehenen Stelle wird von § 19 Abs. 2 S. 1 StVO nicht erfasst (auch wohl Krumm NZV 2010, 602, 603; aber Krumm VRR 2006, 172).bloße Überqueren einer Bahnlinie an einer hierfür nicht vorgesehenen Stelle wird von § 19 Abs. 2 S. 1...

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