[Vorspann]
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION UND DIE IM RAT VEREINIGTEN VERTRETER DER REGIERUNGEN DER MITGLIEDSTAATEN —
GESTÜTZT AUF das Übereinkommen vom 23. Juli 1990 über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (das sogenannte "Schiedsübereinkommen"),
IN ANERKENNUNG der Tatsache, dass die Mitgliedstaaten als Vertragsstaaten des Schiedsübereinkommens und Steuerpflichtige genauere Regeln brauchen, um das genannte Schiedsübereinkommen wirksam durchzuführen,
IN KENNTNIS der Mitteilung der Kommission vom 14. September 2009 über die Tätigkeit des Gemeinsamen EU-Verrechnungspreisforums (JTPF) von März 2007 bis März 2009, die sich auf die Berichte des JTPF über Strafzuschläge und Verrechnungspreise sowie über die Auslegung einiger Bestimmungen des Schiedsübereinkommens stützt,
UNTER HINWEIS DARAUF, dass dieser Verhaltenskodex eine politische Verpflichtung darstellt und somit die Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten sowie die jeweiligen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union, wie sie sich aus dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ergeben, nicht berührt,
IN ANERKENNUNG der Tatsache, dass die Anwendung dieses Verhaltenskodexes globalere Lösungen nicht behindern sollte,
IN ANBETRACHT der Schlussfolgerungen des JTPF-Berichts zu Strafzuschlägen —
NEHMEN FOLGENDEN ÜBERARBEITETEN VERHALTENSKODEX AN:
Unbeschadet der jeweiligen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union betrifft dieser überarbeitete Verhaltenskodex die Durchführung des Schiedsübereinkommens und bestimmte damit verbundene Aspekte der Verständigungsverfahren nach den Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten.
1. Anwendungsbereich des Schiedsübereinkommens
1.1 EU-Dreieckskonstellationen bei Verrechnungspreisfällen
a) |
Für die Zwecke dieses Verhaltenskodexes liegt eine EU-Dreieckskonstellation vor, wenn zwei zuständige Behörden in der EU die Doppelbesteuerung in einem Verrechnungspreisfall in der ersten Phase des im Schiedsüberkommen vorgesehenen Verfahrens unter Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nicht gänzlich vermeiden können, weil ein verbundenes Unternehmen in (einem) anderen Mitgliedstaat(en), das von beiden zuständigen Behörden in der EU ermittelt wurde (wobei eine Vergleichbarkeitsanalyse einschließlich einer Funktionsanalyse sowie sonstige mit dem Fall verbundene Sachverhaltselemente der Beweisführung zugrunde lagen), bei einer Kette von betroffenen Geschäftsvorfällen oder kaufmännischen/ finanziellen Beziehungen in einem erheblichen Umfang zu einem dem Fremdvergleichsgrundsatz nicht entsprechenden Ergebnis beigetragen hat, und wenn dies vom Steuerpflichtigen, der die Doppelbesteuerung erleidet und die Anwendung der Bestimmungen des Schiedsübereinkommens beantragt hat, als solches anerkannt wird. |
b) |
Der Anwendungsbereich des Schiedsübereinkommens erstreckt sich auf sämtliche EU-Geschäftsvorfälle im Rahmen von Dreieckskonstellationen zwischen Mitgliedstaaten. |
1.2 Unterkapitalisierung
Das Schiedsübereinkommen verweist eindeutig auf die Gewinne aus kaufmännischen und finanziellen Beziehungen, differenziert jedoch nicht zwischen diesen verschiedenen Arten von Gewinnen. Gewinnberichtigungen, die sich aus finanziellen Beziehungen, einschließlich Darlehen und Darlehenskonditionen, ergeben und nach dem Fremdvergleichsgrundsatz erfolgen, sind daher als unter das Schiedsübereinkommen fallend anzusehen.