Leitsatz

Getrennt lebende Eltern stritten sich vor dem FamG um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden gemeinsamen minderjährigen Kinder, die seit der Trennung ihrer Eltern im Haushalt ihrer Mutter lebten. Die Kindesmutter beabsichtigte, mit beiden Kindern aus beruflichen Gründen nach Bangladesch umzuziehen. Sie war als Akademikerin nach Abschluss ihres Studiums durchgehend für internationale Organisationen tätig.

Der Kindesvater erklärte sich mit dem Umzug der Kinder gemeinsam mit der Mutter nach Bangladesch nicht einverstanden. Parallel zur Hauptsache beantragte die Kindesmutter den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für beide Kinder auf sie. Das erstinstanzliche Gericht erließ die beantragte einstweilige Anordnung und übertrug das Aufenthaltsbestimmungsrecht vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache auf die Kindesmutter. Hiergegen richtete sich der Kindesvater mit der sofortigen Beschwerde.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG wies die sofortige Beschwerde des Kindesvaters zurück.

Nach der Trennung der Kindeseltern sei zu erwarten, dass die Aufhebung des Aufenthaltsbestimmungsrechts als Teilbereich der gemeinsamen Sorge und deren Übertragung auf die Kindesmutter dem Wohl der Kinder am besten entspreche. Dem stehe die beabsichtigte Berufsaufnahme der Kindesmutter in Bangladesch und der damit verbundene Umzug der Kindesmutter mit den beiden Kindern sowie die dadurch bedingte Beeinträchtigung des Umgangs des Vaters mit den Kindern nicht entgegen.

Die getroffene Entscheidung verletze den Kindesvater nicht in unzumutbarer Weise in seinen Grundrechten aus Art. 6 GG. Art 6 Abs. 2 GG schütze die Eltern-Kind-Beziehung und sichere den Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder. Dieses Freiheitsrecht diene in erster Linie dem Kindeswohl, das zugleich oberste Richtschnur für die Ausübung der Elternverantwortung sei.

Ein Regelungsbedürfnis ergebe sich ohne Weiteres aus dem Streit der Kindeseltern, ob die Kinder in Deutschland zu verbleiben hätten oder es der Kindesmutter erlaubt sei, zusammen mit ihnen nach Bangladesch umzuziehen, um dort eine Arbeitsstelle für die EU-Kommission anzunehmen. In diesem Punkt fehle den Eltern ein Mindestmaß an Übereinstimmung bzw. Kooperationsbereitschaft, die es gestatten würde, beiden neben dem Sorgerecht im Übrigen auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht zur gemeinsamen Ausübung zu belassen.

Die vorgenommene Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter erfordere allerdings im Hinblick auf die betroffenen Rechtspositionen der Parteien eine Prüfung dahingehend, ob die beabsichtigte Verlagerung des Aufenthalts der Kinder für deren Wohl nachteilig sei. Die Prüfung ergäbe, dass die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Kindesmutter für das Kindeswohl nicht nur nicht nachteilig sei, sondern ihm am besten entspricht.

Dies schon deshalb, weil damit eine anderenfalls mit einer Berufsaufnahme der Kindesmutter in Bangladesch notwendigerweise verbundene Trennung der Kindesmutter von ihren Kindern verhindert und somit deren stärkere gefühlsmäßige Bindung an ihre Mutter als bislang betreuender Bezugsperson Rechnung getragen und insoweit Kontinuität gewahrt werde. Der Kindesvater habe sich studienbedingt weitgehend in Italien aufgehalten und sei nur gelegentlich mit den Kindern zusammengetroffen. In der Vergangenheit sei die Kindesmutter primär für ihre Versorgung und Erziehung zuständig gewesen. Im Hinblick darauf hielt es der Senat für nicht mit dem Kindeswohl vereinbar, die Kinder beim Kindesvater zu belassen und der Kindesmutter zuzumuten, alleine ihre Arbeit in Bangladesch aufzunehmen. Schon der ungesicherte soziale Status des Vaters in Deutschland spreche gegen eine solche Lösung. Er habe kaum Bindungen in Deutschland, da er hier nur vorübergehend studiert habe. Seine überwiegenden sozialen Kontakte lägen in seiner Heimat Italien. Die beiden betroffenen Kinder wären nach Auffassung des OLG geistig und seelisch überfordert, wenn sie aus ihrem von der Kindesmutter geprägten sozialen Umfeld herausgerissen würden und zukünftig alleine mit dem Kindesvater zusammenleben müssten.

Andererseits könne der Kindesmutter nicht zugemutet werden, ihre berufliche Entwicklung hintanzustellen, um für den Kindesvater ein umfassendes Umgangsrecht zu gewährleisten. Dass sich ihr eröffnende Betätigungsfeld gebe ihr eine gute berufliche Perspektive, die mittelfristig auch die Entwicklung ihrer Kinder in wirtschaftlicher Hinsicht gewährleisten könne.

Zur Überzeugung des OLG war es auch gewährleistet, dass die Kinder in Bangladesch ausreichend versorgt seien. Ihre Mutter trete dort eine gehobene Stelle an. Sie verfüge über ein gutes Einkommen und sei aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse und der dortigen sozialen Strukturen in der Lage, Haushaltshilfskräfte anstellen zu können. All dies erleichtere ihr die Betreuung der Kinder neben ihrer Vollzeitbeschäftigung. Im Übrigen könnt...

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