Rz. 87

Grundsätzlich ändert die Ehescheidung nichts an den Unterhaltsansprüchen, wie sie in Rdn 30 ff. beschrieben sind (Art. 76 Abs. 1 FGB). Das Familiengesetzbuch trifft lediglich Regelungen für den Fall, dass die Anspruchsvoraussetzungen auf Seiten des Berechtigten (Erwerbsunfähigkeit und Bedürftigkeit) während der Ehe noch nicht gegeben waren. In diesem Fall entsteht ein nachehelicher Unterhaltsanspruch unter der Voraussetzung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten, wenn der berechtigte Ehegatte innerhalb eines Jahres nach Ehescheidung erwerbsunfähig wird (Behinderung, Rentenalter) und der materiellen Unterstützung bedarf (Art. 76 Abs. 2 Unterabs. 1 FGB). Ist die Erwerbsunfähigkeit allerdings Folge einer Behinderung des betroffenen Ehegatten, die durch rechtswidriges Verhalten des anderen Ehegatten während der Ehe entstanden ist, ist der Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit und Bedürftigkeit unerheblich (Art. 76 Abs. 2 Unterabs. 2 FGB). Hat die Ehe mindestens zehn Jahre bestanden, entsteht ein nachehelicher Unterhaltsanspruch auch dann, wenn ein Ehegatte das gesetzliche Rentenalter innerhalb von fünf Jahren nach Ehescheidung erreicht hat (Art. 76 Abs. 3 FGB). Erwerbsunfähigkeit als Anspruchsvoraussetzung muss nicht vorliegen, wenn einer der Ehegatten wegen der Erziehung eines Kindes, der Haushaltsführung oder der Pflege eines kranken Familienmitglieds, wegen eigener Erkrankung oder aus anderen triftigen Gründen während der Ehe keine Möglichkeit zur Ausbildung oder beruflichen Entwicklung hatte. In diesem Fall entsteht ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt für die Dauer von drei Jahren bei Bedürftigkeit des berechtigten und Leistungsfähigkeit des verpflichteten Ehegatten (Art. 76 Abs. 4 FGB).

 

Rz. 88

Die Unterhaltsleistungen können durch eine einmalige Zahlung im Voraus erfolgen, wenn der Verpflichtete seinen Wohnsitz in einen anderen Staat verlegt, mit dem die Ukraine kein Rechtshilfeabkommen geschlossen hat (Art. 77 Abs. 4 FGB). Die Höhe der Leistung wird im Streitfall durch das Gericht festgelegt (Art. 80 Abs. 2 FGB). Der berechtigte Ehegatte kann auf Unterhalt verzichten, wenn ihm als Gegenleistung eine einmalige Zahlung gewährt oder Eigentum an Immobilienvermögen übertragen wird. Solche Vereinbarungen bedürfen der notariellen Beurkundung. Das Eigentum an einer Immobilie, die durch eine solche Vereinbarung übertragen wird, entsteht mit der staatlichen Registrierung dieses Rechts entsprechend dem Gesetz (Art. 89 Abs. 1 FGB). Immobilien, die auf diese Weise übertragen wurden, sind von der Zwangsvollstreckung ausgeschlossen (Art. 89 Abs. 3 FGB). Soll der Unterhaltsverzicht mit einem einmaligen Geldbetrag vergütet werden, ist dieser vor Vertragsschluss auf einem Depositenkonto des Notariats oder privaten Notars zu hinterlegen (Art. 89 Abs. 2 FGB).

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