Leitsatz

 

Normenkette

§ 27 WEG, § 21 WEG

 

Kommentar

Das Kammergericht Berlin entschied über folgenden Fall:

In einer vermieteten Wohnung entstand ein Brand am Durchlauferhitzer, wodurch Decken und Wände dieser und der darunter liegenden Wohnung (des gleichen Sondereigentümers) durch Ruß bzw. Wassereinwirkung beschädigt wurden. Der Mieter teilte seinem Vermieter die Schäden mit und kündigte eine Einstellung der Mietzahlung bis zur Beendigung der Reparaturarbeiten an. Der Sondereigentümer leitete das Mieterschreiben an den Verwalter weiter und forderte diesen auf, der Gebäudefeuerversicherung den Schaden zu melden und dem Mieter die Versicherungsnummer mitzuteilen.

Der Verwalter erklärte sich für nicht zuständig, die Gesamtschadensabwicklung mit dem Versicherer zu betreiben, und forderte den Vermieter auf, für die Begutachtung des Schadens und die Instandsetzung selbst zu sorgen. Da die vom Mieter gesetzte Frist zur Schadensbeseitigung zwischenzeitlich abgelaufen war und der Mieter seine Mietzahlung bis zur Behebung des Schadens durch den Gebäudefeuerversicherer eingestellt hatte, nahm der Sondereigentümer den Verwalter wegen der Mietausfälle in Regress.

Das Kammergericht wies den Antrag des Sondereigentümers ab, ebenso wie die Vorinstanzen. Eine Schlechterfüllung des Verwalters bzw. ein Verzug mit den Verwalterpflichten liege nicht vor, da sich die in § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG dem Verwalter auferlegte Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht nur auf das gemeinschaftliche Eigentum beziehe. Die Verpflichtung des Verwalters werde auch dann nicht auf das Sondereigentum der Miteigentümer erweitert, wenn "aus Gründen der Praktikabilität die nach § 21 Nr. 3 WEG vorgeschriebene Feuerversicherung des gemeinschaftlichen Eigentums auf das Sondereigentum der Wohnungseigentümer erstreckt wird"

 

Link zur Entscheidung

( KG Berlin, Beschluss vom 09.10.1991, 24 W 1484/91, NJW-RR 92/150)

zu Gruppe 9/II: Versicherungsrechtliche Fragen

Anmerkung:

Nach unserer Auffassung lässt diese Entscheidung die spezifischen Probleme an der Schnittstelle zwischen Wohnungseigentumsrecht und Versicherungsrecht außer Acht. Die Formulierung "aus Gründen der Praktikabilität" macht deutlich, dass das Gericht von der falschen Voraussetzung ausgeht, das Gemeinschaftseigentum könnte isoliert vom Sondereigentum versichert werden. Versichert wird aber stets das Gebäude als Ganzes mit seinen wesentlichen und unwesentlichen Bestandteilen ohne Rücksicht auf die wohnungseigentumsrechtlichen Begriffe "Sondereigentum" und "Gemeinschaftseigentum" (vgl. ETW, Gruppe 9/II, Abschnitt 2.1.1). Es ist also nicht etwa "praktikabel", das Sondereigentum mitzuversichern, sondern versicherungsrechtlich zwingende Notwendigkeit. Da der Gebäudeeigentümer die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist, muss diese auch Versicherungsnehmer sein. Der Vertreter des Versicherungsnehmers, nämlich der Verwalter, muss dann auch alle Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag wahrnehmen, da er für den Versicherer Repräsentant des Versicherungsnehmers (d. h. der Eigentümergemeinschaft) ist (vgl. ETW; Gr. 9/II, A. 1.3). Es genügt also nicht, dass der Verwalter dem Sondereigentümer nur die Versicherungsschein-Nr. mitteilt und ihn bei der Verfolgung seiner Ansprüche gegen den Feuerversicherer "unterstützt", sondern der Verwalter ist im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung zuständig, die Schadensabwicklung auch für das Sondereigentum vorzunehmen.

Die Entscheidung des KG erleichtert nur scheinbar dem Verwalter die Tätigkeit. Bei jedem Gebäudeschaden, bei dem sowohl Teile des Sonder- als auch des Gemeinschaftseigentums betroffen sind, könnte der einzelne Sondereigentümer mit Hinweis auf den Beschluss des KG dem Verwalter die Berechtigung absprechen, den Reparaturauftrag für den gesamten Gebäudeschaden zu erteilen. Überspitzt dargestellt: Verwalter und Sondereigentümer müssten anhand der Teilungserklärung herausfinden, welche der vom Schaden betroffenen Gebäudebestandteile zum Sonder- bzw. Gemeinschaftseigentum gehören. Entsprechend dieser Teilung müssten die Reparaturaufträge streng getrennt nach Sonder- und Gemeinschaftseigentum an die Handwerker vergeben werden, was dazu führen könnte, dass z. B. eine vom Schaden betroffene Wand zum Treppenhaus hin vom Maler der Gemeinschaft und die Rückseite der Wand (im Sondereigentum) vom Maler des Sondereigentümers gestrichen wird. Man stelle sich diese Schadensabwicklung auch noch bei einem Rohrbruch vor, der bei der Abzweigung Gemeinschaftseigentum/Sondereigentum eingetreten ist. Wie soll der Verwalter eine ordnungsgemäße Reparatur des gemeinschaftlichen Rohres durchführen lassen, ohne das Rohr im Sondereigentum mit reparieren zu lassen? Frage an das Kammergericht: Wer darf den Auftrag erteilen für die Lötstelle an der Rohrtrennlinie zwischen Gemeinschafts- und Sondereigentum?

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