Dr. Klaus-Peter Horndasch
1.3.1 Teilung der Betreuung
Das Alternativmodell zum Lebensmittelpunkt und zum überwiegenden Zusammenleben mit einem Elternteil bildet das sog. Wechselmodell. Die Eltern teilen sich die Betreuungszeiten für das Kind, indem beispielsweise ein wöchentlich wechselnder Aufenthalt bei den jeweiligen Elternteilen praktiziert wird.
Wechselmodell abzugrenzen von Residenzmodell
Beim Wechselmodell hat das Kind zwei funktionierende Zuhause und nicht, wie beim Residenzmodell, ein Zuhause und einen Besucher.
In anderen Ländern ist das Wechselmodell sehr verbreitet. In Norwegen beträgt der Anteil 25 % aller Trennungskinder, in Schweden 33 %, in Belgien 27 %, in den Niederlanden und Großbritannien 17 %.
Um ein Wechselmodell anzunehmen, bedarf es allerdings nicht der exakten hälftigen Aufteilung der Betreuungszeiten. Auch bei einer Aufteilung während der Woche in 3 Tagen bzw. 4 Tagen bei dem jeweils anderen Elternteil muss noch vom Wechselmodell gesprochen werden. Die Grenze wird man bei einer Betreuung von 1/3 zu 2/3 sprechen müssen. In solchen Fällen handelt es sich, so der BGH, um "großzügigen Besuchskontakt".
Der BGH erklärt: "Übernimmt ein Elternteil den größeren Anteil der Betreuung, so ist der andere Elternteil allein barunterhaltspflichtig. Der Unterhaltsanspruch richtet sich dann allein nach dessen Einkommen."
Problematisch ist allerdings das Verlangen des BGH nach einer exakt gleichen zeitlichen Aufteilung, um von einem Wechselmodell ausgehen zu können.
Einordnung als Wechselmodell hat erhebliche praktische Auswirkungen
Die Einordnung hat erhebliche Auswirkungen auf die Berechnung des Kindesunterhalts. Liegt die Betreuung schwerpunktmäßig bei einem Elternteil, befindet sich das Kind in seiner Obhut mit der Folge, dass der Barbedarf des Kindes allein am Einkommen des anderen Elternteils auszurichten und von diesem zu zahlen ist.
Es ist streitig, ob ein Wechselmodell grundsätzlich mit dem Kindeswohl vereinbar ist. Abschließende entwicklungspsychologische Erkenntnisse über die Auswirkungen des Wechselmodells auf das Kindeswohl liegen nicht vor.
Es ist anerkannt, dass mit dem regelmäßigen Wechsel des Kindes zwischen zwei Haushalten Vorteile für das Kind und für die Eltern verbunden sind. Die enge Eltern-Kind-Beziehung zwischen dem Kind und beiden Elternteilen wird aufrechterhalten. Das Kind erlebt den Alltag mit beiden Eltern. Es gibt weniger Loyalitätskonflikte für das Kind und mehr Kontakte mit den Familienangehörigen und dem Freundeskreis beider Eltern.
Beide Elternteile bleiben in der Verantwortung für ihre Kinder und werden durch das Wechselmodell von der Mehrfachbelastung, die bei einem allein erziehenden Elternteil besteht, entlastet.
Gleichwohl stehen diesen Vorteilen in Einzelfällen auch Gefahren und Nachteile gegenüber. Mit dem regelmäßigen Wechsel sind Belastungen für das Kind verbunden, die ein hohes Maß an Kooperation, Kommunikation und Kompromissbereitschaft der Eltern und auch der Kinder erfordern; auch Mehrkosten und ein evtl. Verlust von Unterhaltsansprüchen können für den/die Betroffenen eine Rolle spielen.
1.3.2 Der Wille zu Kooperation und Kommunikation
Schrifttum und Rechtsprechung sind darüber einig, dass das Wechselmodell nur dann eine Alternative darstellt, wenn die Eltern in der Lage sind, ihre Konflikte einzudämmen, zudem beide "hochmotiviert und an den Bedürfnissen des Kindes ausgerichtet" sind und "kontinuierlich kommunizieren und kooperieren" können.
Unverzichtbare Voraussetzung, so heißt es in vielen Entscheidungen weiter, ist ein Konsens zur Durchführung der wechselseitigen Betreuung und ein gemeinsamer Kooperationswille.
Der Wille zur Kooperation um des Kindeswohls willen ist allerdings nicht gleichzusetzen mit dem Willen zur Praxis des Wechselmodells. Richtig ist sicher, dass die Einrichtung eines Wechselmodells gegen den Widerstand eines Elternteils nur selten in Frage kommen kann. Sind die übereinstimmenden Voraussetzungen nicht gegeben, kann es, worauf Soyka richtig hinweist, zu Erziehungsdefiziten kommen, die "zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Kindeswohls" führen.
Das OLG Düsseldorf ist darüber hinaus allerdings der Auffassung, gegen den Willen eines Elternteils kann ein Betreuungswechselmodell niemals angeordnet werden, und zwar auch dann nicht, wenn festgestellt wird, dass die Betreuung im Rahmen des Wechselmodells dem Kindeswohl am besten entspricht. Dies kann so nicht richtig sein. Entweder entspricht das Wechselmodell eben nicht "am besten dem Kindeswohl", weil es am übereinstimmenden Willen der Eltern fehlt und daher Brüche und Entwicklungsstörungen zu erwarten sind oder aber das Kindeswohl ist trotz fehlenden übereinstimmenden Willens der Eltern durch das Wechselmodell "am besten gesichert".
Bei fehlendem Willen eines Elternteils ist demnach nicht grundsätzlich festzustellen, dass ei...