Leitsatz
- Ist im Mietvertrag über Gewerberäume kein konkreter Umlageschlüssel vereinbart, kann der Vermieter diesen nach billigem Ermessen bestimmen.
- Das Bestimmungsrecht kann grundsätzlich nur einmal ausgeübt werden.
- Die Regelung in § 556 Abs. 3 Sätze 5 und 6 BGB, wonach der Wohnraummieter Einwendungen gegen die Abrechnung innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Zugang der Abrechnung geltend machen muss, ist auf die Gewerbemiete weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden.
(Leitsätze der Redaktion)
Normenkette
BGB §§ 313, 315 ff., 556a
Kommentar
Zwischen den Parteien besteht seit dem Jahr 1998 ein Mietvertrag über Ladenräume zum Betrieb einer Metzgerei. Nach dem Mietvertrag hat der Mieter die Betriebskosten zu tragen. Ein bestimmter Umlageschlüssel ist in dem Vertrag nicht vereinbart.
Der Vermieter rechnete in den Jahren 1998 bis 2001 über die Betriebskosten ab, wobei er den Anteil des Mieters an den Gesamtkosten auf 24,7 % festlegte. In der Betriebskostenabrechnung für das Wirtschaftsjahr 2002 änderte der Vermieter den Verteilungsschlüssel; auf den Mieter wurden nach dieser Abrechnung 46,11 % der Gesamtkosten umgelegt. Der Mieter hat die aus dieser Abrechnung folgende Nachforderung anstandslos bezahlt. Die Abrechnung für 2003 erfolgte ebenfalls unter Anwendung des geänderten Umlageschlüssels von 46,11 %. Die sich hieraus ergebende Nachforderung hat der Mieter verweigert. Die Zahlungsklage des Vermieters wurde rechtkräftig abgewiesen. Die folgenden Abrechnungen für 2004 bis 2007 beruhten ebenfalls auf dem geänderten Umlageschlüssel; sie schlossen mit einem Guthaben, das allerdings nicht ausbezahlt wurde.
Der Mieter hat seinerseits auf der Grundlage der vom Vermieter angegebenen Gesamtkosten und unter Verwendung des ursprünglichen Umlageschlüssels von 24,7 % über die Betriebskosten 2004 bis 2007 abgerechnet. Nach diesen Abrechnungen steht dem Mieter ein Guthaben von ca. 28.000 EUR zu. Dieser Betrag ist Gegenstand der Klage.
Das Gericht gibt der Klage statt: Grundlage des Anspruchs ist die mietvertragliche Vereinbarung über die Umlage und Abrechnung der Betriebskosten. Ist im Mietvertrag kein konkreter Umlageschlüssel vereinbart, sind die Betriebskosten bei der Wohnraummiete nach dem Verhältnis der Wohnflächen umzulegen. Bei der Gewerbemiete gilt diese Vorschrift nicht. Hier kann der Vermieter den Umlagemaßstab nach billigem Ermessen bestimmen. Wesentlich ist dabei, dass das Bestimmungsrecht grundsätzlich nur einmal ausgeübt werden kann. Eine Ausnahme gilt nach § 313 BGB, wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse so wesentlich geändert haben, dass eine Neubestimmung erforderlich erscheint. Ein solcher Ausnahmefall war hier nicht gegeben. Demgemäß gilt zwischen den Parteien nach wie vor der ursprünglich vom Vermieter bestimmte Umlageschlüssel von 24,7 % der Gesamtkosten.
Der Vermieter vertritt die Ansicht, dass der Umlageschlüssel durch die anstandslose Zahlung der Nachforderung einvernehmlich geändert worden sei. An dieser Ansicht trifft zu, dass eine dauerhafte Zahlung an sich nicht geschuldeter Beträge als Indiz für eine stillschweigend vereinbarte Änderung des Umlageschlüssels gewertet werden kann. Eine einmalige Zahlung reicht hierfür aber nicht aus.
Für die Wohnraummiete ist in § 556 Abs. 3 Sätze 5 und 6 BGB bestimmt, dass der Mieter Einwendungen gegen die Abrechnung innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach Zugang der Abrechnung geltend machen muss. Das Gericht stellt klar, dass diese Regelung für die Geschäftsraummiete nicht gilt und dass auch eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift ausscheidet, weil insoweit keine Regelungslücke besteht.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt, Urteil v. 30.12.2010, 2 U 141/10