FinMin Nordrhein-Westfalen, Erlaß v. 2.3.1998, S 7100 - 188 - V C 4
I. Sachverhalt
Ab dem 1.1.1998 ist das Monopol der Deutschen Telekom AG für Telekommunikationsdienstleistungen im Festnetz entfallen. Nach § 43 Abs. 6 des Telekommunikationsgesetzes (BGBl 1996 I S. 1120) – TKG – hat ein Betreiber eines Telekommunikationsnetzes (z.B. Deutsche Telekom AG) in seinem Netz sicherzustellen, daß jeder Nutzer (also der „Inhaber eines Telefonanschlusses”) dieses TK-Netzes die Möglichkeit hat, einen anderen Netzbetreiber für die Übermittlung von Signalen usw. (vgl. Abs. 2 des Erlasses vom 29.4.1997, der dem BMF-Schreiben vom 29.4.1997, BStBl 1997 I S. 410 entspricht) frei auszuwählen. Dieser andere Netzbetreiber wird Verbindungsnetzbetreiber (VNB) genannt, weil er nicht den Telefonanschluß des Nutzers hat. Es ist also zwischen Teilnehmernetzbetreibern (genannt TNB als Betreiber des Netzes, das den Anschluß zum Nutzer hat) und Verbindungsnetzbetreibern (VNB, deren Netz der Nutzer teilweise genutzt hat) zu unterscheiden. Der Nutzer kann frei wählen, ob er unter Beibehaltung seines Telefonanschlusses seine TK-Leistungen
- dauerhaft („Preselection”) oder
- fallweise („Call-by-Call-Selection”)
über einen Verbindungsnetzbetreiber abwickeln möchte.
Allein der TNB kann dem Nutzer (Endkunde) den Zugang zum öffentlichen Telekommunikationsnetz verschaffen.
Nach § 15 Abs. 1 der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung vom 11.12.1997 – TKV – (BGBl 1997 I S. 2910) ist dem Kunden – soweit dieser mit dem/den VNB als „anderen Anbietern” nicht etwas anderes vereinbart – von seinem TNB als „Zugangsanbieter” eine Rechnung zu erstellen, die auch die Entgelte für Verbindungen ausweist, die durch Auswahl von VNB über den Netzzugang des Kunden entstehen. Die Rechnung muß die einzelnen Anbieter und zumindest die Gesamthöhe der auf sie entfallenden Entgelte erkennen lassen.
II. Problemstellung
Es stellt sich die Frage, wer umsatzsteuerrechtlich die Telekommunikationsdienstleistung gegenüber dem Nutzer (Endkunden) erbringt, also „Leistender” ist, wenn der Kunde über seinen Netzzugang nicht den Zugangsanbieter (Teilnehmerbetreiber), sondern einen anderen Anbieter (Verbindungsnetzbetreiber) auswählt.
III. Stellungnahme
Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ist in der umsatzsteuerrechtlichen Abwicklung von Telekommunikationsdienstleistungen im Interconnection-Verfahren ab dem 1.1.1998 wie folgt zu verfahren:
Aus Vereinfachungsgründen werden dem Teilnehmernetzbetreiber (Betreiber des Netzes, das den Anschluß zum Kunden hat) – TNB – auch die Telekommunikitionsdienstleistungen als leistender Unternehmer zugerechnet, die durch Auswahl eines anderen Anbieters von Netzdienstleistungen (VNB) über den Netzzugang des Kunden erbracht werden. Voraussetzung für diese Behandlung ist, daß der TNB in der Abrechnung nach § 15 TKV vom 11.12.1997 (BGBl 1997 I S. 2910) gegenüber dem Kunden (Leistungsempfänger) die Entgelte für Verbindungen durch Auswahl dieses VNB ausweist. In diesem Fall gelten die Telekommunikationsdienstleistungen des VNB als an den TNB erbracht.
Diese bis zum 31.12.1999 befristete Vereinfachungsregelung steht unter dem Vorbehalt des Widerrufs auf einen früheren Zeitpunkt.
- Soweit ein VNB die Entgelte für Verbindungen abweichend von § 15 TKV selbst gegenüber dem Kunden abrechnet, ist dieser VNB umsatzsteuerrechtlich als Leistender anzusehen.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1