Leitsatz

Tritt der Mieter in Ausübung seines Vorkaufsrechts (§ 577 Abs. 1 BGB) in den vom Vermieter geschlossenen Kaufvertrag über ein unter Zwangsverwaltung stehendes Mietobjekt ein, so richtet sich der Eigentumsverschaffungsanspruch des Mieters aus diesem Kaufvertrag gegen den Vermieter und nicht gegen den Zwangsverwalter. Dem Mieter steht in einem solchen Fall gegenüber dem Anspruch des Zwangsverwalters auf Zahlung der Miete (§ 535 BGB, § 152 ZVG) ein Zurückbehaltungsrecht wegen des gegen den Vermieter gerichteten Anspruchs auf Verschaffung des Eigentums an der Mietwohnung nicht zu.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB §§ 273, 535, 577 Abs. 1; ZVG § 152 Abs. 2

 

Kommentar

Die Entscheidung betrifft ein Grundstück, das mit einem Mehrfamilienhaus bebaut ist. Die einzelnen Wohnungen sind vermietet. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 19.1.2004 wurde über das Grundstück die Zwangsverwaltung angeordnet und ein Zwangsverwalter bestellt. Am 30.6.2004 hat der Eigentümer und Vermieter das Grundstück in Wohnungseigentum aufgeteilt. Am selben Tag verkaufte der Eigentümer drei Wohnungen (im Paket) zu einem Gesamtpreis von 314.000 EUR an einen Dritten.

Die Mieter dieser Wohnungen haben gegenüber dem Vermieter das Vorkaufsrecht nach § 577 BGB ausgeübt. Sie haben sodann den Vermieter aufgefordert, den Kaufvertrag zu erfüllen und ihnen das Eigentum an den Wohnungen zu verschaffen. Der Vermieter hat hierauf nicht reagiert. Einer der Mieter hat daraufhin die Mietzahlungen eingestellt. Der Zwangsverwalter hat den Mieter auf Zahlung der Miete in Anspruch genommen.

Die Klage hatte Erfolg: Wird ein Wohngebäude in Wohnungseigentum aufgeteilt und eine vermietete Wohnung verkauft, so steht dem Mieter ein Vorkaufsrecht zu (§ 577 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgt durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Verkäufer, hier also gegenüber dem Vermieter. Ist das Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt, so kommt zwischen dem Mieter und dem Vermieter ein Kaufvertrag zustande. Aus diesem Kaufvertrag ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter das Eigentum an der Wohnung zu verschaffen. Bleibt der Vermieter – wie hier – untätig, so führt dies zu der Frage, ob dem Mieter gem. § 273 BGB ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete zusteht.

Der BGH lässt diese Frage offen. Er führt aus, dass das Zurückbehaltungsrecht jedenfalls nicht gegenüber einem Zwangsverwalter geltend gemacht werden kann. Das Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB setzt nach seinem Wortlaut nämlich voraus, dass die geschuldete und die zurückgehaltene Leistung im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Für den Entscheidungsfall bedeutet dies, dass der zur Erfüllung des Kaufvertrags verpflichtete Vermieter zugleich Gläubiger des Mietzinsanspruchs sein muss. Hieran fehlt es jedoch, wenn über das Grundstück die Zwangsverwaltung angeordnet wurde. Durch die Anordnung der Zwangsverwaltung nach § 148 Abs. 2 ZVG wird dem Vermieter die Verwaltung des Grundstücks entzogen und auf den Zwangsverwalter übertragen. Der Mieter hat deshalb die Miete nicht mehr an den Vermieter, sondern an den Zwangsverwalter zu bezahlen. Es fehlt mithin an der Gegenseitigkeit.

Aus dem Schutzzweck des § 152 Abs. 2 ZVG folgt nichts anderes: Diese Vorschrift bestimmt zwar, dass der Mietvertrag auch gegenüber dem Zwangsverwalter wirksam ist. Der vom Vermieter abgeschlossene Kaufvertrag wird aber nicht Bestandteil des Mietverhältnisses.

Ebenso wenig kann ein Zurückbehaltungsrecht aus § 577 BGB abgeleitet werden. Die Vorschrift bezweckt in den Umwandlungsfällen den Schutz des Mieters vor Verdrängung. Hierzu ist es nicht erforderlich, dass dem Mieter gegenüber dem Zwangsverwalter ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete eingeräumt wird.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 17.12.2008, VIII ZR 13/08BGH, Urteil v. 17.12.2008, VIII ZR 13/08, NJW 2009, 1076

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