In der Praxis leider immer wieder zu verzeichnen sind Bauträgerinsolvenzen mit der Folge, dass die Wohnungseigentumsanlage nicht fertig gestellt werden kann. In einem derartigen Fall besteht nach herrschender Meinung ein Anspruch eines jeden Wohnungseigentümers, den Wiederaufbau als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung zu verlangen dann, wenn die Voraussetzungen des § 22 WEG vorliegen, also das Gebäude nicht zu mehr als der Hälfte seines Werts noch nicht erstellt ist. Die Wohnungseigentümer können dann auch per Mehrheitsbeschluss die Fertigstellung des gemeinschaftlichen Eigentums regeln.[1]

 
Hinweis

Kostenverteilung nach § 16 Abs. 2 WEG

Die Fertigstellungskosten werden gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG nach Miteigentumsanteilen verteilt, ohne dass es eines entsprechenden Beschlusses der Eigentümergemeinschaft bedarf. In die Kostenverteilung ist auch der insolvente Bauträger einzubeziehen. Ob einzelne Wohnungseigentümer im Übrigen bereits einen höheren Kaufpreisanteil an den Bauträger gezahlt haben als andere, muss bei der Kostenverteilung unberücksichtigt bleiben, da ausschließlich das Innenverhältnis Erwerber und Bauträger betreffend. Allerdings können die Wohnungseigentümer insoweit von der Beschlusskompetenz des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG Gebrauch machen und eine entsprechende Kostenangleichung beschließen.

Häufig beschränken sich die Fälle nicht erfolgter Fertigstellung der Wohnanlage infolge einer Insolvenz des Bauträgers auf etwa das Ausstehen noch kleinerer Bauleistungen i. d. R. im Außenanlagenbereich oder aber auf nicht beseitigte anfängliche Baumängel. Derartige Fälle sind nicht unter den Begriff des "stecken gebliebenen Baus" zu subsumieren. Diese fallen vielmehr unter den Begriff der "erstmaligen ordnungsgemäßen Errichtung des Gemeinschaftseigentums" und zählen zu den Maßnahmen ordnungmäßiger Verwaltung im Hinblick auf die Erhaltung, also Instandhaltung und Instandsetzung, des gemeinschaftlichen Eigentums, auf die ohnehin jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch hat.[2]

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