Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 44 Abs. 2 WEG, § 779 BGB, § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO
Kommentar
1. Der Streit über die Unwirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs (hier: Genehmigung des Einbaus von Türschließungsdämpfern auf eigene Kosten des Antragstellers) ist in dem ursprünglichen Verfahren auszutragen, wenn die sachlich-rechtliche Wirksamkeit des Vergleichs wegen ursprünglicher Nichtigkeit oder aufgrund Anfechtung infrage gestellt wird (vorliegend wurden später weitere Türschließungsdämpfer zu anteiligen Kostenlasten aller Eigentümer eingebaut, weshalb der Antragsteller neuerlich beim Amtsgericht beantragte, die übrigen Wohnungseigentümer zu verpflichten, die von ihm schon früher verauslagten Kosten des vergleichsweise gestatteten Einbaus der Dämpfer zu erstatten).
2. Ein gerichtlicher Vergleich in Wohnungseigentumssachen bindet nur die an seinem Abschluss Beteiligten (hier: den Antragsteller und den Verwalter, vgl. schon BayObLG Z 1990 Nr. 5).
3. Ein Rechtsirrtum kann die Unwirksamkeit eines Vergleichs nach § 779 BGB nur dann begründen, wenn er auch irgendwelche für den Vergleichsabschluss erhebliche Tatsachen umschließt; nach § 779 BGB ist ein Vergleich unwirksam, wenn der nach seinem Inhalt als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde; beide vergleichschließenden Parteien müssen deshalb bei Abschluss des Vergleichs irrigerweise vom gegenwärtigen Bestehen eines bestimmten Sachverhalts ausgegangen sein.
Haben die Vergleichschließenden dagegen bei Abschluss des Vergleichs irgendwelche Vorstellungen über das Eintreten oder Ausbleiben künftiger Ereignisse gehabt (Motivirrtum), so kann eine ihren Erwartungen nicht entsprechende Entwicklung nicht zu einer Unwirksamkeit eines Vergleichs führen. Ein etwa möglicherweise Wegfall der Geschäftsgrundlage hätte ebenfalls nicht die Unwirksamkeit des Vergleichs zur Folge, sondern würde allenfalls dessen Anpassung an die veränderte Sachlage erforderlich machen. Der hier abgeschlossene Vergleich ist auch nicht aufgrund Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ( § 123 BGB) nichtig; es fehlt an einem antragstellerseitigen Irrtum, da bestimmte Vorstellungen des Antragstellers nicht Inhalt des Vergleichs geworden sind. Insoweit wurde nicht einmal eine Täuschung schlüssig behauptet.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 22.02.1990, BReg 2 Z 11/90)
zu Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren