Dr. Tibor Szocs, Dr. Ádám Tóth
Rz. 97
Die häufigste Form der Privattestamente ist das – im deutschen Recht nicht bekannte – allographische Privattestament (fremdhändiges Testament), das vom Erblasser nicht eigenhändig geschrieben wird. Ein Testament kann nicht als eigenhändig geschrieben angesehen werden, wenn es zwar vom Testator selbst, jedoch mit der Maschine geschrieben wurde. Das stenografisch oder mit einer von der gewöhnlichen Schrift abweichenden sonstigen Zeichen- oder Ziffernschrift errichtete Privattestament ist ungültig.
Rz. 98
Die Errichtung eines allographischen Privattestaments kann in zweierlei Weise erfolgen: entweder durch Beiziehung von Zeugen oder durch Hinterlegung beim Notar. Für die Errichtung ist die Einhaltung der folgenden Formvorschriften vorgeschrieben:
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Die Eigenschaft der Urkunde als Testament soll sich aus der Urkunde selbst ergeben. |
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Ferner soll das Errichtungsdatum angegeben werden. |
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Der Testator hat das Testament bei gleichzeitiger Anwesenheit von zwei Zeugen eigenhändig zu unterschreiben oder – wenn er das Testament bereits unterschieben hat – die Unterschrift bei gleichzeitiger Anwesenheit von zwei Zeugen als seine eigene Unterschrift anzuerkennen. Die Zeugen haben das Testament mit Bezeichnung ihrer Zeugeneigenschaft zu unterschreiben. |
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Im Falle des beim Notar persönlich hinterlegten Testaments ist die Zuziehung von Zeugen nicht erforderlich. |
Rz. 99
Im ungarischen Recht sind für aus mehreren Einzelblättern bestehende Privattestamente strenge Formvorschriften zu beachten. Ein solches Privattestament ist nur dann formgültig, wenn jedes Blatt mit einer fortlaufenden Nummerierung und der Unterschrift des Testators und – sofern die Gültigkeit des Testaments Zeugen bedarf – mit der Unterschrift der beiden Zeugen versehen ist.
Rz. 100
In der früheren Praxis war einer der häufigsten Formmängel der Testamente das Fehlen der Bezeichnung des Errichtungsortes. Das frühere Ptk. sah nämlich als zwingende Formvorschrift vor, dass der Testamentsurkunde nicht nur die Errichtungszeit, sondern auch der Errichtungsort zu entnehmen sein musste. Nach dem neuen Zivilkodex ist die Bezeichnung des Errichtungsortes nun keine Formvorschrift mehr. Diese Erleichterung des neuen Rechts kann immerhin – in grenzüberschreitenden Erbfällen – dazu führen, dass bei der Prüfung der Formgültigkeit eines Testaments der Errichtungsort als Anknüpfungsregel gem. Art. 27 Abs. (1) lit. a) EuErbVO entfällt.
Rz. 101
Der Erblasser hat das Testament eigenhändig zu unterschreiben. Die Unterschrift muss nicht unbedingt an der gewöhnlichen Stelle, jedoch vom Text getrennt, erscheinen. Das Erfordernis der eigenhändigen Unterzeichnung wird nicht dadurch erfüllt, dass der eigenhändig geschriebene Name des Erblassers irgendwo im Text des Testaments erscheint.
Rz. 102
Zuwendungen an die Zeugen des schriftlichen Privattestaments oder an eine bei der Errichtung mitwirkende andere Person sowie ihre Angehörigen sind ungültig, es sei denn, dieser Teil des Testaments wurde vom Erblasser eigenhändig geschrieben und unterschrieben. Die Zuwendung zugunsten eines Zeugen bzw. seiner Angehörigen ist immerhin auch dann gültig, wenn bei der Errichtung der letztwilligen Verfügung außer dem betroffenen Zeugen noch weitere zwei Zeugen zugezogen wurden. Als "Mitwirkender" gelten der Aufsetzer, der Verfasser, Schreiber des Testaments sowie alle Personen, deren Tätigkeit es ermöglicht, den Inhalt des Testaments in der Sache zu beeinflussen.
Rz. 103
Zeuge des schriftlichen Privattestaments darf keine Person sein,
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die nicht fähig ist, die Identität des Testators zu bescheinigen; |
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der Minderjährige, der geschäftsunfähige Volljährige sowie derjenige, deren Geschäftsfähigkeit teilweise derart beschränkt ist, dass dies die Mitwirkung als Zeugen ausschließt; |
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die schreibunkundig ist. |
Rz. 104
Erfolgte die Zuwendung an eine juristische Person, darf der Gesellschafter, der leitende Amtsträger, Vertreter, das Mitglied des Aufsichtsrates und der Arbeitnehmer der juristischen Person kein Testamentszeuge sein. Die Mitwirkung dieser Personen an der Errichtung des Testaments macht die für die juristische Person bestimmte Zuwendung ungültig.
Rz. 105
Die Gültigkeit des schriftlichen Privattestaments setzt nicht voraus, dass der Zeuge den Inhalt des Testaments kennt oder Kenntnis davon hat, dass er an der Errichtung eines Testaments mitgewirkt hat.