Dr. Tibor Szocs, Dr. Ádám Tóth
1. Die gesetzliche Erbfolge im Allgemeinen
Rz. 44
Die Erbfolge tritt ein aufgrund einer Verfügung von Todes wegen (letztwillige Verfügung) oder aufgrund Gesetzes. Ist keine letztwillige Verfügung vorhanden, ist die gesetzliche Erbfolge maßgebend. Sind keine Erben vorhanden, geht der Nachlass auf den ungarischen Staat über (siehe Rdn 85 ff.).
Rz. 45
Die Regeln der gesetzlichen Erbfolge kennen zwei unterschiedliche Regime der Erbfolge: die allgemeinen Vorschriften der gesetzlichen Erbfolge und die sog. Rückfallerbfolge, eine Art Sondererbfolge.
2. Das gesetzliche Erbrecht der Abkömmlinge
Rz. 46
Nach der allgemeinen Vorschrift der gesetzlichen Erbfolge sind vor allem die Kinder des Erblassers zur Erbfolge berufen, und zwar untereinander zu gleichen Teilen. Das ungarische Recht kennt das Repräsentationsprinzip (ius repraesentationis), d.h., beim Wegfall (z.B. Vorversterbens) eines Abkömmlings erben dessen Abkömmlinge gemeinsam einen Erbteil in der Größe, den ihr weggefallener Vorfahr allein geerbt hätte. Hat ein weggefallener Abkömmling des Erblassers keine Abkömmlinge, erhöht sein Erbteil den Erbteil der anderen Abkömmlinge. Die Erbberechtigung der Abkömmlinge als gesetzliche Erben kommt der Erbberechtigung aller anderen Erben zuvor.
3. Die gesetzliche Erbberechtigung des Ehegatten
a) Allgemeines
Rz. 47
Das Ehegattenerbrecht richtet sich im ungarischen Recht danach, wer neben dem überlebenden Ehegatten zur gesetzlichen Erbfolge berufen ist.
Rz. 48
Sind keine Abkömmlinge vorhanden und sind die Eltern des Erblassers schon vor dem Erblasser verstorben, erbt der Ehegatte nach der allgemeinen Erbfolge und wird Alleinerbe.
Rz. 49
Neben den Abkömmlingen stehen dem Ehegatten die folgenden Rechte zu:
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Er ist zum Nießbrauch berechtigt, und zwar an der mit dem Erblasser gemeinsam bewohnten Wohnung und den zugehörenden Einrichtungs- und Ausstattungsgegenständen. Dieser Nießbrauch dauert bis zum Tod des Ehegatten. Nach dem neuen Ptk. kann dieser Nießbrauch nicht beschränkt werden. Eine Ablösung dieses Witwenrechts kann – im Unterschied zum alten Recht – nur noch vom nießbrauchsberechtigten Ehegatten beantragt werden; er kann die Ablösung – für die Zukunft – zu jeder Zeit beantragen. Die Ablösung des Nießbrauchs kann unter Berücksichtigung der angemessenen Interessen des Ehegatten und der Abkömmlinge erfolgen. Aus dem abgelösten Vermögen steht dem Ehegatten – in natura oder in Geld – ein Kindesteil zu. Das Recht des überlebenden Ehegatten, die Ablösung des Nießbrauchs zu jeder Zeit, d.h. sogar etwa 30 Jahre nach dem Tod des Erblassers, zu beantragen, kann gegebenenfalls auch dazu führen, dass die im Vergleich zum Erblasser viel jüngere Witwe die Ablösung des Nießbrauchs nur kurz vor ihrem Tod beantragt und so aktives Vermögen anstelle des mit dem Tod erlöschenden Nießbrauchs erhält. Dadurch kann sie ihren eigenen – gegebenenfalls mit dem Erblasser nicht gemeinsamen – gesetzlichen Erben Vermögen aus dem Nachlass des ehemaligen Erblassers zukommen lassen. |
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Dem Ehegatten des Erblassers steht – wenn er neben dem Abkömmling zur Erbfolge berufen ist – ein Kindesteil aus dem übrigen Teil des Nachlasses zu. |
Rz. 50
Leben die Eltern des Erblassers und sind keine Abkömmlinge vorhanden, erbt der Ehegatte des Erblassers die mit dem Erblasser gemeinsam bewohnte Wohnung und die zugehörenden Einrichtungs- und Ausstattungsgegenstände. Er erbt ferner die Hälfte des übrigen Nachlasses.
Rz. 51
Die andere Hälfte des Nachlasses wird von den Eltern des Erblassers zu gleichen Teilen geerbt. Ist allerdings ein Elternteil des Erblassers aus der gesetzlichen Erbfolge weggefallen, wird sein Erbteil von dem anderen Elternteil und dem Ehegatten des Erblassers zu gleichen Teilen geerbt. Im Falle des weggefallenen Elternteils kommt somit das Repräsentationsprinzip nicht zur Geltung.
Rz. 52
Im Falle einer Rückfallerbfolge steht dem überlebenden Ehegatten ein Nießbrauch an dem der Rückfallerbfolge unterliegenden Vermögen zu; auch dieser Nießbrauch kann abgelöst werden (siehe Rdn 76).
b) Wegfall des Ehegatten aus der gesetzlichen Erbfolge
Rz. 53
Die Grundlage der ehelichen Lebensgemeinschaft ist das Zusammenleben bzw. die Aufrechterhaltung der emotionalen und wirtschaftlichen Gemeinschaft. Im Falle der Beendigung dieser Gemeinschaft erlöschen die Gütergemeinschaft und das Erbrecht des überlebenden Ehegatten. Der Ehegatte ist zur Erbfolge nicht berechtigt, wenn beim Erbfall die Lebensgemeinschaft zwischen den Ehegatten nicht mehr bestand und aus den Umständen des Falles offensichtlich war, dass es keine Aussicht zu deren Wiederherstellung gab (Wegfall des Ehegatten aus der Erbfolge; siehe Rdn 162). Auf den Wegfall des Ehegatten aus der Erbfolge kann sich nur derjenige berufen, der durch den Wegfall selber erben würde oder von einer durch die letztwillige Verfügung ihm auferlegten Verpflichtung oder anderen Last befreit wäre.
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