Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Ein Vermieter, der dem Mieter die bauliche Veränderung gestattet hat, ist nicht nur Zustandsstörer, sondern als (mittelbarer) Handlungsstörer zur Beseitigung der Beeinträchtigung und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verpflichtet
Normenkette
§ 14 Nr. 1 WEG, § 15 Abs. 3 WEG. § 22 Abs. 1 WEG; § 1004 Abs. 1 BGB
Kommentar
1. Im vorliegenden Fall gestattete ein Vermieter seinem Mieter, in der angemieteten DG-Wohnung zwei Dachfenster einzubauen. Zu diesem Zweck mussten die innenseitige Deckenverkleidung entfernt, die alte Ziegeldeckung und Lattung auf der Dachfläche abgenommen, die Unterspannbahnen aus Folie oder Bitumenbahnen am Steildach abgenommen, die Dachstuhlöffnung für Wohnraum-Dachfenster mit einer Fenstergröße von 114 cm x 140 cm ausgeschnitten, die Wechsel- und Füllhölzer zugeschnitten und eingebaut werden; die Velox-Wohnraumfenster wurden dann auf Velox-Eindeckrahmen eingebaut sowie die Dachflächenfenster allseitig mit einer Folien-Unterspannbahn eingedeckt und die Dachziegeleindeckung senkrecht beigeschnitten.
2. Insoweit handelt es sich bei der Öffnung der bisher geschlossenen Dachfläche und dem Neueinbau der 2 bezeichneten Dachfenster um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG, d.h. zwingenden Gemeinschaftseigentums, was grundsätzlich der Zustimmung aller übrigen Eigentümer und darüber hinaus im vorliegenden Fall gemäß Teilungserklärungsvereinbarung der schriftlichen Zustimmung des Verwalters bedurft hätte (vorliegend verneint). Als nicht unerheblicher Nachteil sind hier die Erhöhung der Wartungs- und Reparaturanfälligkeiten des Daches im Bereich der neu eingebauten Fenster anzusehen. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung und ist gerichtsbekannt, dass die Gefahr von Undichtigkeiten und entsprechenden Feuchtigkeitseinwirkungen im Bereich von Randanschlüssen an Dachfenstern und Kaminen größer ist als im Bereich von geschlossenen Dachflächen.
3. Die vermietende Eigentümerin ist hier auch (mittelbare) Handlungsstörerin und deshalb auch zur Störbeseitigung und nicht nur zur Duldung der Entfernung der beiden Dachflächenfenster verpflichtet. Entgegen der Ansicht von Merle (in Bärmann/Pick/Merle, 8. Aufl., § 22 Rn. 240) ist der vermietende Eigentümer, der seinem Mieter eigenmächtig bauliche Veränderungen gestattet, nicht nur Zustandsstörer in dem Sinne, dass ein anderweitig geschaffener eigentumsbeeinträchtigender Zustand aufrecht erhalten wird. Da die störende Handlung mit Einverständnis der Vermieterin als Eigentümerin vorgenommen worden ist und von ihr hätte verhindert werden können, erscheint es gerechtfertigt, auch diese als (mittelbare) Handlungsstörerin auf Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigungen in Anspruch zu nehmen.
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung in III. Instanz bei Beschwerdewert von DM 10.000,-
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.12.2000, 3 Wx 400/00 = ZMR 5/2001, 374 = ZWE 3/2001, 116)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer