Leitsatz
- Der Krankentagegeldanspruch wird nach § 1 Abs. 3 MBKT 94 nicht schon dadurch in Frage gestellt, dass der Versicherungsnehmer nach Ausbruch seiner Krankheit gelegentlich noch das Büro seines Betriebes aufsucht und seiner Sekretärin vereinzelt Diktate über das Ruhen der Geschäftstätigkeit zukommen lässt, ohne damit seine Erwerbstätigkeit fortzuführen.
- Wegen Verstoßes des Versicherungsnehmers gegen seine Verpflichtung aus § 9 Abs. 1 Satz 3 MBKT 94 i. V. m. den Tarifbedingungen, seine andauernde Arbeitsunfähigkeit wöchentlich durch ärztliche Bescheinigungen nachzuweisen, wird der Versicherer nicht leistungsfrei, wenn er unregelmäßige ärztliche Atteste über die Arbeitsunfähigkeit über längere Zeit geduldet hat, danach kommentarlos reguliert und den sich daraus für den Versicherungsnehmer geschaffenen Vertrauenstatbestand nicht wieder ausgeräumt hat.
Sachverhalt
Der Kl. unterhielt bis zum 30.04.1999 bei der Bekl. eine Krankentagegeldversicherung, aus der er bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf einer Karenzzeit von 28 Tagen ein Tagegeld von 60 DM und nach 42 Tagen weitere 90 DM/Tag beanspruchen konnte. Mit Wirkung zum 01.08.1997 wurde der Tarif TG 028/60 auf eine Tagegeldleistung von 80 DM erhöht, wobei zum Zeitpunkt der Annahmeerklärung des Kl. laufende Versicherungsfälle von der Erhöhung ausgeschlossen sein sollten. Ob die zugrunde liegende Angebotsbestätigung des Kl. bei der Bekl. eingegangen war, bevor er ab dem 17.11.1997 wegen einer depressiven Episode krank geschrieben wurde, war zwischen den Parteien streitig.
Nachdem der Kl. in der Folge seine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit durch die Übersendung von in unregelmäßigen, in der Regel mehrwöchigen Zeitabständen ausgestellten ärztlichen Bescheinigungen belegt hatte, zahlte die Bekl. für die Zeit bis zum 10.05.1998 sowie erneut vom 06.07. bis zum 13.08.1998 Krankentagegeld. Dabei hatte sie allerdings aufgrund des Tarifs TG 028/60 lediglich 60 DM pro Tag abgerechnet, weil sie davon ausgegangen war, dass die Tariferhöhung erst nach Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart worden sei.
Der Kl. nahm die Bekl. auf noch nicht erbrachte Krankentagegeldleistungen für die Zeit vom 15.12.1997 bis zum 17.05.1999 in Anspruch.
Das LG hat der Klage nach Beweisaufnahme in Höhe von 13.240 DM stattgegeben.
Entscheidung
Die Berufung des Klägers hatte, soweit sie aufrechterhalten wurde, Erfolg.
Über die ihm erstinstanzlich zuerkannten Tagegeldleistungen hinaus konnte der Kl. nach der Entscheidung des OLG für die Zeit vom 14.08.1998 bis zum 30.04.1999 einen weiteren Betrag verlangen:
Nach § 1 Abs. 1 MBKT 94, die dem Versicherungsvertrag zugrunde lagen, biete die Bekl. Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht werde. Arbeitsunfähigkeit sei gemäß § 1 Abs. 3 MBKT 94 gegeben, wenn der Versicherte seine berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben könne, sie auch nicht ausübe und keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgehe. Diese Voraussetzungen hätten während des angegebenen Zeitraums vorgelegen.
Der nach Ansicht des Gerichts zuzubilligende Krankentagegeldanspruch werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Kl. die Zeugin Sch. noch nach Ausbruch seiner Erkrankung gelegentlich im Büro aufgesucht habe und ihr noch vereinzelte Diktate habe zukommen lassen. Nicht jedwede, noch so geringfügige Tätigkeit beraube nämlich den VN des Krankentagegeldanspruchs. So lägen die Dinge auch hier. Denn die von ihm weiterhin ausgeübten Tätigkeiten seien gänzlich unbedeutend und nicht auf die Fortführung der Erwerbstätigkeit der K GmbH ausgerichtet gewesen.
Das OLG geht davon aus, dass der Kläger aufgrund der Erhöhung des Tarifs TG 028/60 ein Krankentagegeld von 80 DM pro Tag beanspruchen konnte, sodass sich unter Berücksichtigung des daneben geltenden Tarifs TG 042/90 über 90 DM pro Tag im streitgegenständlichen Zeitraum eine Tagesleistung von insgesamt 170 DM pro Tag ergab.
Von der Leistungspflicht sei die Bekl. nicht aufgrund einer Obliegenheitsverletzung des Kl. frei geworden. Dabei könne zu ihren Gunsten unterstellt werden, dass der Kl. gegen seine aus § 9 Abs. 1 Satz 3 MBKT i. V. m. § 6 Abs. 6 Satz 2 Tarifbedingungen folgenden Verpflichtungen verstoßen habe, seine andauernde Arbeitsunfähigkeit wöchentlich durch ärztliche Bescheinigungen nachzuweisen. Darauf könne sich die Bekl. nämlich nicht ohne Verstoß gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens berufen. Denn dass die Arbeitsunfähigkeit in unregelmäßigen Zeitabständen attestiert worden sei, habe sie über lange Zeit hin geduldet und dadurch auf Seiten des Kl. einen Vertrauenstatbestand geschaffen. So habe sie für die Zeit vom 15.12.1997 bis zum 27.01.1998 und vom 28.01. bis 17.02.1998 vorbehaltlos gezahlt, obwohl der Kl. von Anfang an Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in einem Rhythmus von zwei bis vier Wochen eingereicht habe. Dass die Zahlungen nur aus Kulanzgründen erfolgt seien, lasse sich de...