Leitsatz
Das FamG hatte die Herausgabe eines über 14-jährigen Kindes an den allein sorgeberechtigten Vater angeordnet. Gegen diesen Beschluss wandte sich die Kindesmutter, die zwischenzeitlich einen Antrag auf Abänderung des Sorgerechts beim FamG eingereicht hatte.
In dem Herausgabeverfahren war eine Anhörung des Kindes unterblieben.
Das Rechtsmittel der Kindesmutter führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das AG.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Entscheidung für verfahrensfehlerhaft ergangen, da das AG es unterlassen habe, das betroffene Kind persönlich anzuhören, obgleich dies gesetzlich zwingend vorgeschrieben sei.
Für nicht geschäftsunfähige Kinder, die - wie das Kind im vorliegenden Verfahren - das 14. Lebensjahr vollendet haben, bestehe gemäß § 50b Abs. 2 S. 1 FGG ein zwingendes Anhörungsgebot. Lediglich bei Gefahr im Verzuge hätte die Anhörung bei Erlass einer vorläufigen Regelung zunächst unterbleiben dürfen, wäre jedoch auch in diesem Fall unverzüglich nachzuholen gewesen.
Das Anhörungsgebot des § 50b FGG konkretisiere die Aufklärungspflicht des Gerichts gemäß § 12 FGG und den Anspruch des Kindes auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG. Die unterbliebene Anhörung stelle deshalb einen schwerwiegenden Verfahrensmangel dar. Bei schwerwiegenden Verfahrensverstößen sei die Aufhebung der Entscheidung und die Zurückverweisung der Sache an das AG regelmäßig geboten, wenn sich nicht ausschließen lasse, dass die angefochtene Entscheidung auf dem Verstoß beruhe. Dies sei vorliegend der Fall.
Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das AG anders entschieden hätte, wenn die vorgeschriebene Anhörung durchgeführt worden wäre. Denkbar sei insbesondere, dass das Ergebnis der Anhörung das AG veranlasst hätte, unter Zurückweisung des Antrags auf Herausgabe eine Verbleibensanordnung zu beschließen. Eine solche Entscheidung sei beispielsweise dann geboten, wenn die aktenkundige Weigerung des Kindes, mit seinem Vater in Kontakt zu treten, auf dem autonomen und nicht beeinflussten Willen des Kindes beruhe und zudem der aktuelle Gesundheitszustand der Mutter Raum für eine solche Entscheidung ließe.
Das OLG hielt eine Zurückverweisung für sachgerecht auch im Hinblick auf den zwischenzeitlich von der Kindesmutter eingereichten Antrag auf Abänderung des Sorgerechts. Die Zurückverweisung biete im Übrigen die Möglichkeit für eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung beider Sachen. Zudem würde eine Entscheidung in der Sache selbst für das Kind den Verlust einer Instanz bedeuten, da es in der Beschwerdeinstanz erstmals ordnungsgemäß am Verfahren beteiligt würde.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13.02.2008, II-8 UF 219/07