Leitsatz

Sind die Wohnungseigentümer, deren Sondereigentum in einem von mehreren Häusern einer Mehrhausanlage liegt, berechtigt, sämtliche Entscheidungen, die ausschließlich ihre Gebäude betreffen, allein unter Ausschluss der anderen Wohnungseigentümer zu treffen, können sie beschließen, das Dach "ihres Gebäudes" reparieren und dafür von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Sonderumlage unter ihnen erheben und von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Verträge schließen zu lassen. Dies gilt auch dann, wenn alle Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 8 Satz 1 WEG in eine Außenhaftung kommen.

 

Normenkette

WEG §§ 10 Abs. 6, Abs. 8, 28 Abs. 5

 

Das Problem

  1. Nach der Gemeinschaftsordnung bilden die Sondereigentümer von 3 "Untergemeinschaften" verwaltungs- und abrechnungstechnisch jeweils selbstständige Untergemeinschaften, die – soweit möglich – im Ergebnis wie 3 juristisch voneinander unabhängige Wohnungseigentümergemeinschaften behandelt werden und auch berechtigt sein sollen, sämtliche Entscheidungen, die ausschließlich ihre Gebäude betreffen, allein unter Ausschluss der anderen Wohnungseigentümer zu treffen.
  2. Auf einer Versammlung (nur) der Untergemeinschaft A (Vorderhaus) wird eine Sonderumlage in Höhe von 110.000 EUR zur Finanzierung einer Dachinstandsetzung beschlossen. Ferner enthält der Beschluss Regelungen zur Beauftragung einer Baufirma sowie zur Haftungsfreistellung der Verwaltung für den Fall, dass Wohnungseigentümer B mit seinem in der Versammlung erhobenen Einwand mangelnder Beschlusskompetenz durchdringen oder die Behörde die Maßnahme als genehmigungspflichtigen Neubau werten sollte.
  3. Da Wohnungseigentümer B die auf ihn entfallende Sonderumlage in Höhe von 10.717,95 EUR nicht bedient, verklagt ihn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Zahlung. Das Amtsgericht gibt der Klage statt. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei die Anspruchsinhaberin. Zwar sei der Beschluss von der Untergemeinschaft A gefasst worden. Diese könne aber nicht Partei eines Zivilprozesses sein. Die Bevollmächtigung des Klägervertreters sei von den Regelungen in § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG gedeckt. Der Verwalter sei berechtigt, die ausstehende Sonderumlage gegen Wohnungseigentümer B im Klagewege durchzusetzen. Eine Beschlussfassung der Wohnungseigentümer hierüber bedürfe es nicht. Der Beschluss über die Zahlung der Sonderumlage sei auch nicht nichtig, denn es fehle nicht an einer Beschlusskompetenz der Untergemeinschaft A. Bei einer Mehrhausanlage könne die Gemeinschaftsordnung die Bildung von Untergemeinschaften mit eigenen Beschlusskompetenzen in allen sie betreffenden Verwaltungsangelegenheiten vorsehen. Dies werde von der Bestimmung in § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG ermöglicht. Dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Vertragspartnerin der mit der "Sanierung" beauftragten Firmen werde, stehe nicht entgegen. Im Fall sei auch ausschließlich das Gebäude der Untergemeinschaft A betroffen. Es könne dahinstehen, ob bei baulichen Veränderungen des "Gebäudeensembles der Wohnungseigentümergemeinschaft im Ganzen" eine Beschlusskompetenz der Untergemeinschaft fehlen würde, denn es liege keine bauliche Veränderung des Daches vor. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass es lediglich um den Austausch der vorhandenen Dachfenster gegangen sei, nicht etwa um den Einbau zusätzlicher Fenster. Dass hiermit eine optische Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes verbunden gewesen sei, sei weder konkret vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Der Beschluss sei auch nicht deshalb nichtig, weil nach der Gemeinschaftsordnung die Kosten für die Erneuerung der Fenster von dem Wohnungseigentümer der betroffenen Wohnung hätten getragen werden müssen. Hier komme auch die Regelung des § 14 Nr. 4 WEG zum Tragen, denn die Fenster hätten nur deshalb erneuert werden müssen, weil das Dach neu eingedeckt worden sei. Es könne auch dahinstehen, ob die weiteren Einwendungen des B berechtigt seien. Diese begründeten allenfalls eine Anfechtbarkeit, wobei eine Anfechtung keine aufschiebende Wirkung habe und nicht etwa dazu führe, dass die Beschlüsse nicht durchsetzbar seien.
  4. Gegen diese Beurteilung richtet sich die Berufung. Ohne Erfolg!
 

Die Entscheidung

Der Beschluss der Versammlung der Untergemeinschaft A (Vorderhaus) über die Erhebung einer Sonderumlage zur Finanzierung einer Dachreparatur sei weder nichtig noch ordnungswidrig.

Inhaber des Zahlungsanspruchs

Der Anspruch auf Zahlung nach §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 2 WEG stehe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu (Hinweis unter anderem auf Rüscher, ZWE 2015, S. 237 ff.).

Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten

  1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer werde im Rahmen der Prozessführung wirksam durch den Verwalter vertreten. Dieser habe wirksam den Prozessbevollmächtigten beauftragt. Zwar sei ein Verwalter nicht kraft Gesetzes berufen, Ansprüche der Wohnungseigentümer oder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gerichtlich geltend zu machen; vielmehr sei es grundsätzlich Sache der Wohnungseigentüm...

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