Leitsatz

Zentrales Problem der Entscheidung war die Frage, ab welchem Zeitpunkt von dem Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit erwartet werden kann bzw. ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein auf § 1570 BGB gestützter Unterhaltsanspruch nach § 1578b BGB befristet werden kann.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten um den nachehelichen Ehegattenunterhalt. Der Antragsgegner wandte sich gegen die erstinstanzlich titulierte Unterhaltsverpflichtung dem Grunde und der Höhe nach. Aus seiner 1999 geschlossenen Ehe war eine im Jahre 2001 geborene Tochter hervorgegangen. Die Ehe wurde 2007 rechtskräftig geschieden. Die Antragstellerin war chinesische Staatsangehörige, ohne Beruf und erhielt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Die gemeinsame Tochter der Parteien lebte bei ihr und wurde von ihr betreut und versorgt.

Das erstinstanzliche Gericht hat den Antragsgegner mit Urteil vom 17.4.2008 verpflichtet, an die Ehefrau zunächst Unterhalt i.H.v. 444,00 EUR monatlich ab Rechtskraft der Scheidung bis zum 31.12.2007, 433,00 EUR monatlich für die Zeit vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2009 und 271,00 EUR monatlich vom 1.1.2010 bis zum 30.6.2011 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bis zum Inkrafttreten des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes richte sich der Anspruch der Kindesmutter nach § 1570 BGB. Es bestehe keine Erwerbsobliegenheit, solange das Kind die ersten beiden Grundschulklassen besuche.

Der Antragsgegner beabsichtigte, das erstinstanzliche Urteil mit der Berufung anzugreifen und beantragte hierfür Prozesskostenhilfe mit dem Antrag, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Seinem PKH-Antrag wurde nicht stattgegeben.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG bot die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Antragsgegners nach seinem Vorbringen in der Berufungsinstanz keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, PKH sei ihm deshalb nicht zu bewilligen.

Zur Begründung hat das OLG ausgeführt, dass es nach der ab dem 01.01.2008 geltenden Gesetzeslage sowohl nach § 1570 BGB als auch nach § 1615l Abs. 2 BGB Betreuungsunterhalt zunächst nur für die Dauer von drei Jahren ab Geburt eines Kindes verlangt werden könne. Ein darüber hinaus geltend gemachter Anspruch erfordere die Darlegung und Beweisführung von Billigkeitsgründen, wobei eine individuelle Beurteilung erfolgen müsse. Für die Verlängerung des Unterhaltsanspruchs könnten einerseits kindbezogene Gründe sprechen, wobei die Belange des Kindes und die Möglichkeiten der Kindesbetreuung zu berücksichtigen seien. Andererseits könnten elternbezogene Gründe von Bedeutung sein, etwa folgend aus der bisherigen Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie deren Dauer. Selbst soweit das Kind jedoch volltags im Kindergarten betreut werde, führe das noch nicht notwendig zu einer vollschichtigen Erwerbspflicht, da die zusätzliche Betreuung, insbesondere in den Abendstunden, sich als überobligatorisch darstellen könne. Allerdings werde durch die 3-Jahres-Grenze des § 1570 Abs. 1 S. 1 BGB ein deutlicher Anhaltspunkt dafür geschaffen, dass ab diesem Zeitpunkt zumindest eine zeitweise Erwerbstätigkeit trotz Kindesbetreuung grundsätzlich zumutbar sei. In Abkehr zu dem bisherigen Altersphasenmodell verbiete sich nach dem neuen Recht eine pauschale Betrachtung. Es gelte jedoch nach wie vor, dass ein Kind, das den Kindergarten oder die beiden ersten Grundschulklassen besuche, intensiver Betreuung bedürfe. In diesem Zeitraum könne daher regelmäßig nur eine Teilzeitbeschäftigung erwartet werden, die mit zunehmendem Alter zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit ausgebaut werden müsse.

Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin bis zum Inkrafttreten des UÄndG eine Erwerbsobliegenheit erst nach vollendetem 8. Lebensjahr des Kindes getroffen habe. Es sei ihr daher eine angemessene Überlegungsfrist einzuräumen, um sich auf die veränderte Rechtslage einzustellen. Bei der Bemessung dieser Frist sei zu beachten, dass die Parteien bis 2002 in China gelebt hätten, die Antragstellerin die deutsche Sprache bislang nicht beherrsche und über keine in Deutschland verwertbare Berufsausbildung verfüge. Sie sei daher erst ab dem 01.01.2009 zur Aufnahme einer 400,00 EUR-Tätigkeit verpflichtet, wobei diese Tätigkeit ab dem 1.1.2010 auf 800,00 EUR auszudehnen sei. Gegen die Befristung nach § 1578b BGB spräche die Unsicherheit in der Entwicklung des Kindes. Eine sichere Prognose i.S.d. § 258 ZPO i.V.m. § 323 Abs. 1 ZPO zu dem Zeitpunkt, ab dem eine vollständige Drittbetreuung möglich sei, könne nicht getroffen werden.

Eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin hielt das OLG für nicht gegeben. Zwar habe sie in der Trennungszeit eigenmächtig von dem gemeinsamen Konto 5.500,00 EUR abgehoben. Dieser Betrag sei jedoch von dem Antragsteller bereits mit dem laufenden Unterhalt verrechnet worden. Auch aus einer von ihm vorgetragenen Vereitelung des Umgangsrechts ergebe sich keine Verwirkung, da hierfür ein schwe...

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