Leitsatz
Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, worauf bei der Abänderung eines Versäumnisurteils abzustellen ist, wenn der Zustand bei Erlass des Versäumnisurteils und der Zeitpunkt der Zweitentscheidung miteinander verglichen werden. Es ging dabei primär um die Frage, ob es auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Erstentscheidung oder auf den damaligen Vortrag des Klägers ankommt.
Sachverhalt
Die Parteien stritten um die Abänderung eines Versäumnisurteils über Kindesunterhalt. Der Kläger des Abänderungsverfahrens war Anfang Februar 2005 durch von ihm nicht angegriffenes Versäumnisurteil verurteilt worden, an vier Kinder Unterhalt i.H.v. 100 % des jeweiligen Regelbetrages zu zahlen. In der damaligen Klageschrift waren die Nettoeinkünfte des Klägers mit 2.255,00 EUR beziffert worden. Tatsächlich erzielte er ab Anfang 2005 jedoch nur noch ein Nettoeinkommen i.H.v. 1.523,77 EUR.
Sein Abänderungsbegehren stützte der Kläger auf ein zum Zeitpunkt der Abänderungsklage von ihm erzieltes monatliches Nettoeinkommen von 1.559,94 EUR.
Das AG hat die Abänderungsklage als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger keine Änderung seiner Einkommensverhältnisse seit Eintritt der Rechtskraft des Versäumnisurteils vorgetragen habe. Die hiergegen von dem Kläger eingelegte Berufung hat das OLG zurückgewiesen.
Hiergegen richtete sich die zugelassene Revision, mit der der Kläger weiterhin eine Reduzierung seiner Unterhaltspflicht begehrte.
Entscheidung
Die Revision hatte keinen Erfolg. Der BGH folgte den Instanzgerichten, von denen die Abänderungsklage zu Recht als unzulässig abgewiesen worden sei.
Eine Abänderungsklage könne lediglich auf Gründe gestützt werden, die nach dem Schluss der Tatsachenverhandlung des Erstverfahrens entstanden seien. Sei das abzuändernde Urteil ein Versäumnisurteil, scheide eine Abänderung schon dann aus, wenn die Gründe noch durch Einspruch gegen das Versäumnisurteil hätten geltend gemacht werden können. Die Abänderungsgründe müssten also nach dem Ablauf der Einspruchsfrist entstanden sein.
Zur Beurteilung der Zulässigkeit einer Abänderungsklage müsse geklärt werden, welche Verhältnisse der ersten Entscheidung zugrunde gelegen hätten. Dabei sei auf die Änderung der tatsächlichen Umstände - nicht auf den Klägervortrag aus dem Erstverfahren - abzustellen. Entscheidend seien nicht die dabei auf schlüssigen Klägervortrag hin per Geständnisfiktion angesetzten Werte, sondern die tatsächlichen Verhältnisse. Nur dieses Vorgehen wahre im Fall einer Änderung die Rechtskraft des abzuändernden Versäumnisurteils und verschaffe der Präklusion Geltung. Was in dem Ausgangsverfahren versäumt worden sei, dürfe nicht in einem Abänderungsverfahren korrigiert werden. Es sei kein Grund ersichtlich, warum die Rechtskraft eines Versäumnisurteils anders zu bewerten sei als die Rechtskraft eines streitigen Urteils.
Das nunmehr von dem Kläger erzielte Nettoeinkommen i.H.v. 1.559,94 unterschreite das bei Erlass des Versäumnisurteils von ihm erzielte Einkommen nicht. Eine wesentliche Änderung der bei Erlass des Versäumnisurteils tatsächlich vorliegenden Verhältnisse liege nicht vor.
Hinweis
Die Entscheidung des BGH schafft endlich Klarheit in der seit langem umstrittenen Frage, ob es für die Änderung einer Versäumnisentscheidung, die auf fiktiver Grundlage ergangen ist, auf die tatsächlichen oder die dem Vortrag des Klägers zu entnehmenden Verhältnisse ankommt. Der BGH hat nunmehr klargestellt, dass auf die Änderung der tatsächlichen Einkünfte abzustellen ist.
In der Praxis kümmert sich ein wirtschaftlich schwacher Unterhaltsschuldner mit einer Unterhaltsverpflichtung ggü. mehreren Kindern häufig nicht hinreichend um eine Klage auf den Mindestkindesunterhalt. Er ist häufig der Meinung, ohnehin nicht zahlen zu können. Die Entscheidung des BGH zeigt deutlich auf, welche negativen finanziellen Folgen dies für den Unterhaltsschuldner haben kann.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 12.05.2010, XII ZR 98/08