Leitsatz
Ist ein geschiedener Mann seiner Exfrau, mit der er keine Kinder hat, zur Unterhaltszahlung verpflichtet, kann ihr Anspruch untergehen, wenn der Mann in einer neuen Beziehung Vater wird und auch für die Mutter des Kindes, die aufgrund der Betreuung nicht arbeiten kann, Unterhalt zahlen muss. Das OLG Celle hat einem Vater für eine Klage bei dieser Konstellation jedenfalls Prozesskostenhilfe bewilligt.
Sachverhalt
Der Antragsteller, ein Beamter, hatte sich in einem gerichtlichen Vergleich gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau, mit der er über 12 Jahre in kinderloser Ehe verheiratet war, zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts in Höhe von 320 EUR verpflichtet. Sie war zu Beginn der Ehe zunächst berufstätig gewesen, später erwerbsunfähig geworden und bezieht ein eigenes Renteneinkommen in Höhe von 980 EUR.
Nach der Scheidung wurde der Unterhaltspflichtige in einer neuen Beziehung Vater eines Sohns. Mit der Begründung, er sei seinem Sohn und dessen Mutter, die nicht erwerbstätig ist, unterhaltspflichtig, will er von seiner Unterhaltsverpflichtung aus dem Vergleich entlassen werden. Das Amtsgericht hatte Prozesskostenhilfe versagt, weil es meinte, die mit ihm nicht verheiratete Mutter seines Sohns und die geschiedene Ehefrau seien unterhaltsrechtlich gleichrangig und der Antragsteller schulde der geschiedenen Ehefrau deshalb Unterhalt in unveränderter Höhe.
Der Familiensenat des OLG hat dagegen festgestellt, dass die beabsichtigte Klage auf Abänderung des Unterhalts hinreichende Erfolgsaussicht hat. Vom Einkommen des Antragstellers sei zunächst der Unterhalt für das Kind abzuziehen. Es geht beiden Frauen nach neuem Unterhaltsrecht rangmäßig vor. Dass beide Frauen unterhaltsrechtlich gleichrangig sind, bezweifelt das OLG: Im zweiten Rang stehen neben Eltern, die ein Kind betreuen, nur Ehegatten, die lange Zeit verheiratet waren. Als "lang" wurde eine Ehe bisher von der Rechtsprechung erst ab 15 Jahren angesehen.
Nach neuem Recht muss der unterhaltsberechtigte geschiedene Ehegatte außerdem ehebedingte Nachteile erlitten haben. Die Krankheit der Ehefrau war zwar während der Ehe aufgetreten, aber nicht durch die Ehe ausgelöst worden.
Unabhängig von der Rangfrage steht der geschiedenen Ehefrau jedoch voraussichtlich auch deshalb kein Unterhalt mehr zu, weil ihr Unterhaltsbedarf in der neuen Konstellation als durch ihr eigenes Renteneinkommengedeckt gilt, weil der Ex-Mann seinem Kind unterhaltspflichtig ist, verringert sich nicht nur sein eigenes Einkommen, sondern auch der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau und entfällt in Anbetracht der Höhe ihrer Rente.
Link zur Entscheidung
OLG Celle, Beschluss v. 10.10.2008, 10 WF 322/08.