Leitsatz

Nach seinem Abitur hatte der im Jahre 1981 geborene Antragsteller zunächst den Zivildienst geleistet und sodann mehrere Ausbildungen begonnen und wieder abgebrochen. Er begehrte von seinem Vater im Rahmen der Stufenklage Auskunft und Zahlung von Unterhalt. Kernproblem des Falles war die Frage, ob eine Unterhaltsverpflichtung des Vaters noch besteht.

 

Sachverhalt

Der im März 1981 geborene Antragsteller hatte nach seinem Abitur zunächst ab September 2001 Zivildienst geleistet und sodann vier Semester Informations- und Elektrotechnik studiert. Dieses Studium brach er im Sommer 2003 ab, nachdem er festgestellt hatte, dass es seinen Neigungen nicht entspricht. Seinen Wunsch, Sozialpädagogik zu studieren, verwarf er wegen schlechter beruflicher Aussichten. Während der Zeit des Studiums der Informations- und Elektrotechnik zahlte sein Vater Unterhalt an ihn. Nach Abbruch des Studiums meldete er sich arbeitslos. Er trug vor, während dieser Zeit ergebnislos "diverse" Bewerbungen geschrieben sowie über das Arbeitsamt "diverse" Fortbildungen absolviert zu haben. In der Zeit vom 1.10.2005 bis 30.9.2006 arbeitete er ehrenamtlich in einem Kinderhort. Seit dem 31.8.2006 besuchte er eine berufsbildende Schule mit dem Schwerpunkt Sozialpädagogik und der Absicht, Erzieher zu werden. Diese Neigung habe er nunmehr für sich entdeckt.

Im Februar 2007 beantragte er Prozesskostenhilfe für eine von ihm beabsichtigte Stufenklage gegen seinen Vater. Der PKH-Antrag wurde zurückgewiesen. Die hiergegen von dem Antragsteller eingelegte sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG bestand kein Unterhaltsanspruch aus § 1610 Abs. 2 BGB gegen den Vater des Antragstellers wegen einer nicht mehr hinzunehmenden Überschreitung der Orientierungsphase und der daraus resultierenden Verletzung der Ausbildungsobliegenheit.

Der aus § 1610 Abs. 2 BGB folgende Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung sei vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt. Der Verpflichtung des Unterhaltsschuldners auf Ermöglichung einer Berufsausbildung stehe aufseiten des Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit gegenüber, sie mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit aufzunehmen und zu beenden. Zwar müsse der Verpflichtete nach Treu und Glauben Verzögerungen der Ausbildungszeit hinnehmen, die auf ein vorübergehendes leichteres Versagen des Kindes zurückzuführen seien, verletze dieses aber nachhaltig seine Obliegenheit, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büße es seinen Unterhaltsanspruch ein und müsse sich darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. z.B. FamRZ 1998, 671 m.w.N.).

Wenngleich möglicherweise hinzunehmen sei, dass der Antragsteller erst im 4. Semester seines Studiums bemerkt habe, dass der eingeschlagene Ausbildungs- und der sich daran anknüpfende Berufsweg nicht seinen Neigungen entsprach, sei jedenfalls nicht zu akzeptieren, dass er eine seinen Neigungen entsprechende Ausbildung erst drei Jahre später aufgenommen habe. Zum Zeitpunkt des Abbruchs des Studiums sei er bereits 22 Jahre alt gewesen und habe seinen Vater seinerzeit wissen lassen, dass er keinen Unterhalt mehr von ihm fordere. Zum Zeitpunkt der Aufnahme der jetzigen Ausbildung am 31.8.2006 sei er bereits 25 1/2 Jahre alt und damit in einem Alter gewesen, in dem Eltern im Normalfall nicht mehr damit rechnen müssten, noch auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch genommen zu werden.

Aus den genannten Gründen sei ihm Prozesskostenhilfe zu versagen.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 07.08.2007, 15 WF 225/07

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