Leitsatz
Die Parteien stritten sich um den von dem Vater an ein volljähriges Kind aus erster Ehe zu zahlenden Kindesunterhalt. Titulierung war zuletzt durch Anerkenntnisteilurteil des FamG vom 19.7.2002 und durch Schlussurteil vom 26.9.2002 erfolgt. Seinerzeit war das Kind noch minderjährig.
Der Vater begehrte Abänderung dieser Urteile dahingehend, dass er ab Rechtshängigkeit seiner Klage dem Beklagten keinen Unterhalt mehr schulde. Zwischenzeitlich war über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Im Übrigen war er weiteren fünf minderjährigen Kindern aus zweiter Ehe sowie seiner zwischenzeitlich von ihm getrennt lebenden zweiten Ehefrau unterhaltsverpflichtet.
In erster Instanz hatte die Abänderungsklage des Klägers nur teilweise Erfolg.
Gegen das erstinstanzliche Urteil legten sowohl Kläger als auch der Beklagte Berufung ein. Der Kläger machte geltend, dass das FamG seine erhöhten Mietaufwendungen und Fahrtkosten fehlerhaft nicht berücksichtigt habe und in die Unterhaltsberechnung außerdem ein zu niedriges Einkommen der Kindesmutter eingestellt worden sei.
Der Beklagte begründete sein Rechtsmittel primär damit, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zu einer Verminderung des für die Unterhaltsberechnung einzusetzenden Einkommens des Klägers führe. Es seien daher die aus der Arztpraxis tatsächlich erzielten Einkünfte zu Grunde zu legen, zumindest sei aber ein pfändungsfreies Einkommen von 2.772,00 EUR in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Die Berufung des Klägers hatte in der Sache Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Abänderungsklage schon deswegen für zulässig, weil der Beklagte zum Zeitpunkt des Erlasses des Teilanerkenntnisurteils vom 12.7.2002 und des Schlussurteils vom 26.9.2002 noch minderjährig gewesen sei und inzwischen die Volljährigkeit erreicht habe. Der Unterhaltsbedarf für ein volljähriges Kind sei anders zu ermitteln, als der für ein minderjähriges Kind. Für den durch eigenes Einkommen nicht gedeckten Unterhaltsbedarf hafteten nunmehr grundsätzlich beide Eltern anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Im Übrigen habe der Kläger eine erhebliche Verminderung seines Einkommens als Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen mit Eröffnungsbeschluss vom 30.5.2003 behauptet.
Zwar treffe grundsätzlich den Kläger, der die Abänderung des Unterhaltstitels begehre, die Darlegungs- und Beweislast für eine Änderung der Verhältnisse. Stamme der Titel aus der Zeit der Minderjährigkeit, müsse allerdings das nunmehr volljährige Kind, hier der Beklagte, dartun und beweisen, dass der Unterhaltsanspruch fortbestehe, insbesondere welche Haftungsquote etwa auf den jeweiligen Elternteil entfalle (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2002, 1049, 1050; OLG Brandenburg FamRZ 2002, 1193, 1194; OLG Köln, FamRZ 2000, 43; KG FamRZ 1994, 765; Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 2, Rz. 451; Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl., § 323 ZPO, Rz. 91; a.A. OLG Zweibrücken, FamRZ 2001, 249; Göppinger/Wax/van Els, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rz. 119).
Der Unterhaltsbedarf eines volljährigen Kindes richte sich in der Regel nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Elternteile. Diese waren und seien aufseiten des Klägers geprägt durch dessen Einkommen und die gegenüber dem Beklagten und seinen insgesamt noch fünf minderjährigen Kindern aus zweiter Ehe sowie seiner zwischenzeitlich von ihm getrennt lebenden zweiten Ehefrau bestehenden Unterhaltsverpflichtungen. Soweit die Einkommensverhältnisse des Klägers durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Änderung erfahren hätten, sei dies bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen.
Der Kläger müsse sich in der Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, somit für die Zeit nach dem 1.6.2003, unterhaltsrechtlich so behandeln lassen, als habe er ein (fiktives) Einkommen von 2.772,00 EUR. Der "notwendige Unterhalt" i.S.d. § 850i ZPO sei nach den Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO und nicht an den Sätzen des § 850d ZPO i.V.m. § 28 ff. SGB XII zu bestimmen. Nur hierdurch werde eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen den Unterhaltsgläubigern eines Selbständigen und denen eines Arbeitnehmers vermieden.
Nach der Tabelle zu § 850c ZPO sei bei einer Unterhaltsverpflichtung für fünf und mehr Personen ein Betrag von 79,00 EUR bei einem Einkommen von bis zu 2.851,00 EUR pfändbar. Es ergebe sich damit ein pfändungsfreies Einkommen von maximal 2.772,00 EUR, das nach Auffassung des OLG aufseiten des Klägers in die Unterhaltsberechnung einzustellen war.
Die Frage, ob die von dem Kläger vorgetragenen Verbindlichkeiten, die zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt hatten, unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen seien, stelle sich nicht, da diese Schulden dem Insolvenzverfahren unterlägen und damit für die Unterhaltsberechnung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne Bedeutung seien.
Bereinigt wurde das fiktive Einkommen de...