Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Kein Anerkenntnis nach § 307 ZPO im WE-Verfahren
Normenkette
§ 28 Abs. 3, 4 WEG, § 667 BGB, § 675 BGB, § 307 ZPO
Kommentar
1. Die Wohnungseigentümer können vom ausgeschiedenen Verwalter auch dann Einsicht in die für die Wohnungseigentümergemeinschaft geführten Unterlagen verlangen, wenn sie ihm vorher durch bestandskräftige Eigentümerbeschlüsse Entlastung erteilt haben. Einsicht kann insoweit auch für einen neubestellten Verwalter gefordert werden.
2. Eine Sachentscheidung kann auch dann noch ergehen, wenn ein Antragsgegner einen solchen Antrag anerkennt; eine solche Erklärung verpflichtet ein Gericht nicht, entsprechend § 307 ZPO eine Sachentscheidung ohne eigene Sachprüfung zu erlassen, da ein Anerkenntnis analog § 307 ZPO dem FGG-Verfahren fremd ist.
3. Wenn ein Verwalter nach Beendigung der Verwaltertätigkeit Eigentümern bzw. einem neuen Verwalter gem. § 675 BGB, § 667 BGB alle Gegenstände herauszugeben hat, die er aufgrund seiner Verwaltertätigkeit erlangt hat und die aus seiner Geschäftsbesorgung für die Eigentümer entstanden sind, so können Eigentümer erst recht (als ein Weniger) Einsicht in diese Unterlagen verlangen.
4. Ein neuer Verwalter hat auf Verlangen der Eigentümer auch zu überprüfen, ob Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten des ausgeschiedenen Verwalters vorliegen und Schadenersatzansprüche gegen ihn in Frage kommen können. Gerade zur Klärung dieser Fragen fordern antragstellende Eigentümer zu Recht Einsicht zugunsten des neubestellten Verwalters und zwar aller Unterlagen ohne zeitliche Begrenzung, da sie der kontinuierlichen Verwaltung der Anlage dienen. Lediglich ein rechtsmissbräuchliches oder schikanöses Verhalten könnte einem solchen Anspruch entgegenstehen (vorliegend verneint).
5. Eine Entlastung bedeutet zwar in der Regel ein negatives Schuldanerkenntnis hinsichtlich etwaiger Schadenersatzansprüche aus Verwalterhandlungen des bestimmten Jahres; dieses negative Schuldanerkenntnis bezieht sich jedoch nur auf solche Handlungen, die bei der Beschlussfassung bekannt oder bei zumutbarer Sorgfalt erkennbar waren (h. R. M.). Eine Entlastung hindert damit nicht die Nachprüfung, ob aufgrund etwaiger vor der Beschlussfassung nicht erkennbarer Unregelmäßigkeiten des Verwalters Schadenersatzansprüche gegen ihn in Frage kommen. Die Nachprüfung des Verwalterhandelns bleibt den Wohnungseigentümern deshalb auch nach der bestandskräftigen Entlastung erhalten.
6. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswertansatz für diese Instanz von DM 15.000,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 11.07.1996, 2Z BR 45/96)
Zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung