Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 10 Abs. 2 WEG, § 14 WEG, § 15 Abs. 1 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 138 BGB
Kommentar
(Vorlage zum Bundesgerichtshof wegen Abweichung vom KG Berlin, NJW 92, 2577)
Soweit eine Vereinbarung nicht entgegensteht, können Wohnungseigentümer auch durch Mehrheitsbeschluss eine Gebrauchsregelung hinsichtlich des Sondereigentums treffen; diese muss sich jedoch im Rahmen eines der Beschaffenheit der im Sondereigentum stehenden Räume entsprechenden ordnungsgemäßen Gebrauchs halten ( § 15 Abs. 2 WEG). Demgegenüber sind Vereinbarungen nur durch Vorschriften der allgemeinen Gesetze, auf deren Einhaltung nicht verzichtet werden kann, Grenzen gesetzt, weil es sich um den übereinstimmenden Willen aller betroffenen Wohnungseigentümer handelt und anders als bei Mehrheitsbeschlüssen der Minderheitenschutz der überstimmte Wohnungseigentümer keine Rolle spielt.
Der Senat hält i.Ü. eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer, dass in einer Wohnanlage keine Hunde gehalten werden dürfen, für wirksam. Im Schrifttum wird teilweise sogar der völlige Ausschluss jeder Haustierhaltung durch eine Vereinbarung für zulässig erachtet. Ob dem gefolgt werden kann, kann hier ebenso offen bleiben, wie die Frage, ob ein Mehrheitsbeschluss, der ein Verbot der Hundehaltung enthält, einer Überprüfung im Rahmen des § 23 Abs. 4 WEG (also einer Anfechtung) standhalten könnte (verneinend OLG Stuttgart, OLGZ 82, 301).
Selbst wenn unterstellt wird, dass eine Hundehaltung nur durch Vereinbarung, nicht aber durch Mehrheitsbeschluss, untersagt werden kann, liegt im vorliegenden Fall ein wirksames Verbot der Hundehaltung vor. Durch bestandskräftige Mehrheitsbeschlüsse (1974 und 1992) wurden hier nämlich Verbote ausgesprochen. Damit haben diese Beschlüsse, ohne dass sie in das Grundbuch eingetragen werden könnten, die gleichen Rechtswirkungen wie eine gem. § 10 Abs. 2 WEG als Inhalt des Sondereigentums in das Grundbuch eingetragene Vereinbarung (Bindungswirkung auch für Sondernachfolger, vgl. auch BGH, NJW 94, 3230). Durch dass Unterlassen einer Anfechtung solcher Beschlüsse haben überstimmte Wohnungseigentümer auf entsprechenden möglichen Rechtsschutz verzichtet.
Auch ein Verbot der Hundehaltung durch Vereinbarung ist nach Meinung des Senats nicht nichtig (kein Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB). Von Sittenwidrigkeit wäre nur auszugehen, wenn ein Rechtsgeschäft gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen sollte. Von einer Hundehaltung in einer Eigentumswohnung gehen nun im Regelfall Beeinträchtigungen der übrigen Wohnungseigentümer aus, die insbesondere in einer stärkeren Verschmutzung des Gemeinschaftseigentums, z.B. des Treppenhauses, und vor allem in einer Lärmbelästigung durch Bellen bestehen. Auch im Hinblick auf § 14 Nr. 1 WEG kann ein Verbot der Hundehaltung nicht als willkürlich und sachlich völlig unbegründet angesehen werden. Der Senat vermag der Ansicht des Kammergerichts nicht zu folgen, dass die Hundehaltung zum Kernbereich oder Wesensgehalt des Sondereigentums gehört. Ob zu den "herkömmlichen sozio-kulturellen Vorstellungen im Geltungsbereich des WEG" die Haustierhaltung gehört, kann dahinstehen. Im vorliegenden Fall wurde auch die Haustierhaltung nicht schlechthin ausgeschlossen, sondern nur die Haltung von Hunden. Wohnungseigentümer können damit auch vereinbaren, dass in ihrer Wohnanlage keine Hunde gehalten werden.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 02.02.1995, 2Z BR 120/94= BayObLGZ 1995 Nr. 9 - Vorlage zum BGH)
Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer