Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Fremdgeldunterschlagung eines Verwalters: Gesamtschuldhaftung der Verwalter-GmbH und der Geschäftsführerin persönlich (bei unterschiedlicher Gerichtszuständigkeit)
Keine "Titel-Verdoppelung"
Einladungs- und Versammlungsleitungsformfehler führen allenfalls zur Beschlussanfechtbarkeit, nicht jedoch zu einer Beschlussnichtigkeit
Normenkette
§ 26 WEG, § 23 Abs. 4 WEG, § 24 Abs. 3, 4 WEG, § 43 WEG, § 823 BGB, § 249 BGB, § 20 FGG
Kommentar
1. Nach Ablauf einer Verwalteramtszeit berief ein Beirat (von beiden Beiratsmitgliedern unterzeichnet) eine außerordentliche Eigentümerversammlung zur Neuwahl einer Verwaltung ein, in der ein neuer Verwalter bestellt wurde; gleichzeitig wurde durch Beschluss der Beirat ermächtigt, den Vertrag zu unterzeichnen. Im Vertrag wurde der neue Verwalter auch verpflichtet und bevollmächtigt, "die Eigentümergemeinschaft im Außenverhältnis ... gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten sowie Ansprüche der Gemeinschaft gegen Dritte ... auch in eigenem Namen gerichtlich geltend zu machen".
Daraufhin wurde in Prozessstandschaftdurch die neue Verwaltung Antrag gestellt, die Antragsgegnerin (die frühere Verwaltungs-GmbH) sowie deren Geschäftsführerin persönlich zur Zahlung von DM 242.000,- zu verpflichten, die die Geschäftsführerin unterschlagen habe. Das Amtsgericht trennte das Verfahren gegen die Geschäftsführerin ab und verwies insoweit die Sache an die landgerichtliche Zivilkammer; dort wurde durch Versäumnisurteil die Geschäftsführerin als Gesamtschuldnerin u.a. zur Zahlung von DM 242.000,- verurteilt. Das Amtsgericht (Wohnungseigentumsgericht) verurteilte die Antragsgegnerin (die ehemalige Verwaltungs-GmbH) ebenfalls zu entsprechender Zahlung; die dagegen eingelegte Beschwerde wurde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin als Gesamtschuldnerin neben der Geschäftsführerin persönlich zur Zahlung verpflichtet sei. Hiergegen legte sowohl die Antragsgegnerin als auch die Geschäftsführerin sofortige Beschwerde ein, allerdings ohne Erfolg.
2. Der Ausspruch des Wohnungseigentumsgerichts, dass ein zur Zahlung verpflichteter Beteiligter als Gesamtschuldner mit einem am Verfahren nicht beteiligten Dritten (hier: der Geschäftsführerin persönlich) haftet, kann von dem Dritten nicht mit Rechtsmitteln angefochten werden. Die Rechtsbeschwerde der Geschäftsführerin war somit unzulässig, da sie durch die Entscheidung des Landgerichts nicht im Sinne von § 20 Abs. 1 FGG in ihrer Rechtsstellung beeinträchtigt war. Auf die Rechtsstellung der Geschäftsführerin (vor dem ordentlichen Zivilgericht verurteilt) wirkt sich die im WEG-Verfahren ergangene Beschwerdeentscheidung nicht aus; insoweit kann auch nicht von einer "Titelverdoppelung"ausgegangen werden.
3. Im vorliegenden Fall kam es auch zu einer wirksamen Neubestellung eines Verwalters mit Vertragsabschluss. Diese Beschlüsse wurden nicht angefochten und sind daher bestandskräftig. Das von zwei Eigentümern als Beiräten verfasste und unterzeichnete Einladungsschreiben war damit auch durch den Beirat erfolgt, der gem. § 24 Abs. 3 WEG als Beiratsvorsitzender dazu befugt war. Die schriftliche Einladung muss grundsätzlich eigenhändig unterschrieben sein ( § 24 Abs. 4 S. 1 WEG und § 126 Abs. 1 BGB). Aber auch ein etwaiger Verstoß gegen die Bestimmungen führt nicht zur Nichtigkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse (BayObLG, WE 91, 297/298 m.w.N.). Auch etwaige Vertretungsfehler in der Versammlung hätten nicht die Nichtigkeit von gefassten Beschlüssen zur Folge. Über den Ort und die äußere Gestaltung einer Eigentümerversammlung gibt es im Gesetz keine näheren Bestimmungen; Gleiches gilt für die hier einschlägige Gemeinschaftsordnung. Auch die Art der Abstimmung ist im Gesetz nicht geregelt. Selbst ein völlig ungeordneter Ablauf einer Versammlung könnte allenfalls zur Anfechtbarkeit gefasster Beschlüsse führen.
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung der Rechtsbeschwerdeführerinnen (GmbH, Geschäftsführerin) als Gesamtschuldnerinnen im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert in dieser Instanz von DM 242.000,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 27.11.1997, 2Z BR 128/97)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung