Leitsatz
Der Anspruch des Wohnungsmieters auf Erteilung zur Untervermietung setzt nicht voraus, dass der Mieter in der Wohnung seinen Lebensmittelpunkt hat (amtlicher Leitsatz des BGH).
Normenkette
BGB § 553
Kommentar
Ein Ehepaar hatte im Jahr 1992 eine in Berlin gelegene 3 1/2-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von ca. 115 qm angemietet. Ab dem Jahr 2003 wurde die Wohnung von dem Ehepaar allerdings nur noch selten genutzt, weil beide Eheleute an einem anderen Ort berufstätig waren und dort Wohnungen angemietet hatten. Die Mieter haben deshalb den Vermieter aufgefordert, ihnen die Untervermietung von zwei Zimmern der Wohnung zu gestatten. Dies hat der Vermieter abgelehnt. Die Klage der Mieter auf Erteilung der Untermieterlaubnis wurde von den Instanzgerichten zurückgewiesen. Der BGH hat die Urteile aufgehoben.
Nach § 540 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Mieter ohne Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der Mietsache einem Dritten zu überlassen. Die Regelung gilt für alle Mietverhältnisse. Erlaubnispflichtig ist jede Form der Gebrauchsüberlassung, auch die Untervermietung eines Teils einer Wohnung.
Für die Wohnungsmiete ist allerdings in § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt, dass der Mieter einen Anspruch auf die Erteilung der Erlaubnis hat, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse besteht, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen. Dabei besteht weitgehend Einigkeit, dass der Begriff des berechtigten Interesses weit auszulegen ist. Unter anderem wird ein berechtigtes Interesse bejaht, wenn der Mieter durch die Untervermietung seine Wohnkosten reduzieren will. Der BGH folgt dieser Auffassung.
Nach der gesetzlichen Regelung hat der Mieter keinen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung der gesamten Wohnung. Hieraus ist gefolgert worden, dass der Mieter weiterhin "Herr der Wohnung" bleiben muss und dass diese Voraussetzung fehlt, wenn sich der Mieter aus persönlichen oder beruflichen Gründen überwiegend an anderen Orten aufhält und die Wohnung deshalb nicht mehr den Lebensmittelpunkt des Mieters darstellt. Auch die mit der Sache befassten Vorinstanzen haben diese Meinung vertreten.
Der BGH ist anderer Ansicht. Die von den Vorinstanzen gemachte Einschränkung finde im Gesetz keine Stütze und sei mit dem Zweck des § 553 BGB nicht vereinbar. Durch die Vorschrift soll erreicht werden, dem Mieter auch dann die Wohnung zu erhalten, wenn er an einem Teil der Räume keinen Bedarf hat. Des Weiteren sei zu bedenken, dass "der Mobilität und Flexibilität" in der heutigen Gesellschaft zunehmende Bedeutung zukomme. Deshalb könne der Mieter auch dann einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis haben, wenn er sich überwiegend nicht in der Wohnung aufhalte.
Der BGH hat in Erwägung gezogen, dass in den Fällen der hier vorliegenden Art schützenswerte Belange des Vermieters tangiert werden. Dies sei aber nicht bei den Tatbestandsmerkmalen des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern nach § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB zu prüfen. Danach hat der Mieter trotz eines berechtigten Interesses keinen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis, wenn in der Person des Untermieters ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann. Zur Prüfung dieser Frage hat der BGH das Verfahren an das LG Berlin zurückverwiesen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 23.11.2005, VIII ZR 4/05