Leitsatz
Ansprüche auf Miete aus Wohnraummietverträgen können jedenfalls auch dann im Urkundenprozess geltend gemacht werden, wenn der Mieter die Wohnung in vertragsgemäßem Zustand erhalten hat und die Einrede des nicht erfüllten Vertrags darauf stützt, ein Mangel sei nachträglich eingetreten (Fortführung von BGH, Urteil v. 1.6.2005, VIII ZR 216/04, NJW 2005, 2701). (amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
ZPO § 592
Kommentar
Die Parteien hatten am 30.10.2002 einen Mietvertrag über eine Wohnung abgeschlossen. In der Zeit von Dezember 2004 bis April 2005 bezahlte der Mieter keine Miete; im Mai und Juni hatte er die Miete nur teilweise entrichtet. Zur Begründung seines Zahlungsverhaltens führte der Mieter aus, dass in der Wohnung im Dezember 2004 ein Mangel aufgetreten sei; bis zur Beseitigung des Mangels beruft sich der Mieter auf ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete (Einrede des nicht erfüllten Vertrags, § 320 BGB). Der Vermieter machte die Zahlungsrückstände in Höhe von ca. 3.700 EUR im Urkundenprozess geltend. Es war zu entscheiden, ob das Urkundsverfahren zulässig ist, wenn die Mietsache nach der Überlassung mangelhaft wird und der Mieter deshalb von seinem Zurückbehaltungsrecht aus § 320 BGB Gebrauch macht.
Dies wird vom BGH bejaht: Der für die Gewerbemiete zuständige XII. Zivilsenat des BGH hat bereits im Jahr 1999 entschieden, dass Mietforderungen aus einem gewerblichen Mietverhältnis im Urkundenprozess eingeklagt werden können (BGH, Urteil v. 10.3.1999, XII ZR 321/97). Mit Urteil vom 1.6.2005 (VIII ZR 216/04) hat der XIII. Zivilsenat klargestellt, dass hinsichtlich der Wohnungsmiete dieselben Rechtsgrundsätze gelten. In beiden Fällen setzt das Urkundsverfahren voraus, dass der Kläger die zur Begründung seiner Ansprüche maßgeblichen Tatsachen durch Urkunden beweisen kann. Der Vermieter muss nur beweisen, dass ein Mietvertrag besteht, aus dem ihm eine bestimmte Miete zusteht. Dieser Beweis kann durch die Vorlage der Mietvertragsurkunde geführt werden.
Wendet der Mieter ein, dass die Miete wegen eines Mangels gemindert sei, muss er den Mangel beweisen. Da dieser Beweis nicht durch Urkunden geführt werden kann, ist der Mieter auf das Nachverfahren zu verweisen. Der BGH hat in dem Urteil vom 1.6.2005 offengelassen, ob eine andere Beweislastverteilung gilt, wenn der Mieter wegen des Mangels ein Zurückbehaltungsrecht an der Miete (§ 320 BGB) geltend macht. In der nunmehr vorliegenden Entscheidung wird dies für den Fall verneint, dass der Mangel im Verlauf der Mietzeit eintritt. Hiervon war im Entscheidungsfall auszugehen. Ob dieselbe Beweislastverteilung gilt, wenn der Mieter einwendet, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorhanden gewesen ist, hat der BGH nicht entschieden.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 20.12.2006, VIII ZR 112/06, WuM 2007, 82