Analog zur Vertrauensarbeitszeit wird in einigen Unternehmen mittlerweile Vertrauensurlaub praktiziert. Es handelt sich dabei um Erholungsurlaub für Mitarbeiter ohne feste Obergrenze. Die Beschäftigten sollen selbst festlegen, wie viel Urlaub sie benötigen und nehmen wollen. Sie müssen lediglich sicherstellen, dass sie festgesetzte Ziele erreichen und vorgegebene Aufgaben erledigen. Arbeitgeber verlagern auf diese Weise ihre administrativen Aufgaben, die mit der Verwaltung des Urlaubs einhergehen, auf die Belegschaft.
1.1 Allgemeine rechtliche Rahmenbedingungen
Auch beim Modell Vertrauensurlaub haben Arbeitgeber allerdings grundlegende rechtliche Rahmenbedingungen des BUrlG zu beachten:
- Am gesetzlich vorgeschriebenen Mindesturlaub nach dem BUrlG ist nicht zu rütteln. Es muss sichergestellt werden, dass Mitarbeiter zumindest den gesetzlichen Mindesturlaub tatsächlich nehmen. Die Beschäftigten können darauf auch nicht verzichten. Mitarbeitern mit einer 5-Tage-Woche steht ein Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen im Kalenderjahr zu. Der Arbeitgeber sollte deshalb die Mindestzahl der zu nehmenden Urlaubstage in die Vereinbarung über den Vertrauensurlaub aufnehmen und festlegen, dass genommener Urlaub zunächst auf den gesetzlichen Mindesturlaub angerechnet wird.
- Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Mitarbeitern während ihres Urlaubs das Entgelt fortzuzahlen – unabhängig davon, ob diese 20 Tage oder 40 Tage im Jahr Urlaub nehmen.
- Sollen Regelungen zur Inanspruchnahme des Urlaubs getroffen werden, muss der Arbeitgeber den Betriebsrat beteiligen. Hierbei handelt es sich um die Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze, für die § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht vorsieht. Über das "Ob" des Vertrauensurlaubs kann der Arbeitgeber allerdings ohne Beteiligung der Arbeitnehmervertretung entscheiden.
Die wichtigsten Punkte sollten in einer Vereinbarung zum Vertrauensurlaub klar geregelt werden. Wichtig ist insbesondere die Differenzierung zwischen gesetzlichem Urlaub nach dem BUrlG und dem vertraglichen Mehrurlaub in Form des Vertrauensurlaubs. Der Arbeitgeber sollte in der Vereinbarung verdeutlichen, dass der Vertrauensurlaub nicht in das folgende Jahr übertragen wird und stets zum 31.12. des Urlaubsjahres verfällt – und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitgeber seinen Hinweispflichten nachgekommen ist oder nicht. Wenn der Mitarbeiter auch im Folgejahr unbegrenzt Urlaub nehmen kann, benötigt er keinen Vertrauensresturlaub aus dem Vorjahr. Auch sollten Beschäftigte sowie Vorgesetzte zu einer lückenlosen Dokumentation im Hinblick auf die Urlaubstage verpflichtet werden, damit beispielsweise bei einem Arbeitsunfall die versicherungsrechtliche Lage geklärt werden kann.
1.2 Sonderkonstellationen
Einige Situationen während eines Beschäftigungsverhältnisses können sich im Zusammenhang mit Vertrauensurlaub für den Arbeitgeber nachteilig auswirken und sind deshalb bei der Regelung des Vertrauensurlaubs zu bedenken:
Beginn eines Arbeitsverhältnisses
Vertrauensurlaub mag einige neue Mitarbeiter dazu verleiten, gleich zu Beginn der Beschäftigung Urlaub zu beanspruchen. Allerdings ist die Anwesenheit von Beschäftigten beim Onboarding für Einarbeitungs- und Erprobungsprozesse unabdingbar. Deshalb sollte der Anspruch auf Vertrauensurlaub erst nach einer gewissen Wartezeit, beispielsweise nach Ablauf der Probezeit, aufleben. Dies kann durch eine entsprechende Regelung festgelegt werden.
Ende eines Arbeitsverhältnisses
Ebenso könnte das Ende einer Beschäftigung problematisch werden, wenn es um die Abgeltung noch bestehender Urlaubsansprüche geht. Eine diesbezügliche Regelung ist empfehlenswert, um insbesondere bei langen Kündigungsfristen den Urlaub zu begrenzen. Der Arbeitgeber sollte eindeutig schriftlich klären, dass die Abgeltung des Urlaubs auf den gesetzlichen Mindesturlaub begrenzt ist und verbleibende gesetzliche Urlaubsansprüche innerhalb der Kündigungsfrist abzubauen sind, soweit dies möglich ist. Für den Vertrauensurlaub kann das Unternehmen dagegen festlegen, dass er mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses erlischt und grundsätzlich nicht abgegolten wird.
Mutterschutz, Elternzeit, Arbeitsunfähigkeit
Langzeiterkrankungen, Mutterschutz und/oder Elternzeit: Diese Situationen arten möglicherweise in eine nicht absehbare Entgeltfortzahlung aus, weil ein Beschäftigter nach Ablauf einer Arbeitsunfähigkeit oder eines Beschäftigungsverbots mehrere Wochen Urlaub beansprucht. Insbesondere bei Langzeiterkrankungen droht diese Gefahr, da der Übergang ins Krankengeld bei einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als 6 Wochen wirtschaftliche Einbußen für den Mitarbeiter bedeuten. Das Urlaubsentgelt entspricht dagegen seiner bisherigen Vergütung. Dem sollte der Arbeitgeber wiederum durch die passenden Klauseln in der Vereinbarung begegnen. Möglich ist der vollständige Ausschluss von Vertrauensurlaub nach einer Arbeitsunfähigkeit oder im Anschluss einer Elternzeit bzw. eines Beschäftigungsverbots. Alternativ kann die Inanspruchnahme von Vertrauensurlaub in diesen Situationen unter Erlaubnisvorbehalt gestellt werden.