Detlef Burhoff, Annika Hirsch
Rdn 3340
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Zuziehung eines Dolmetschers, Teil Z Rdn 4429.
Rdn 3341
1.a) Die Vereidigung des zur HV zugezogenen (nicht allgemein vereidigten) Dolmetschers ist in der HV stets notwendig, es sei denn, der Dolmetscher ist allgemein vereidigt (s. dazu Teil V Rdn 3343). Die Vereidigung des Dolmetschers ist in jeder neuen Strafsache zu wiederholen.
☆ War die HV ausgesetzt , muss der Dolmetscher in der neuen HV erneut vereidigt werden (BayObLG MDR 1979, 696). Der Dolmetscher kann sich aber gem. §§ 67, 72 auf seinen früheren Eid berufen.HV ausgesetzt, muss der Dolmetscher in der neuen HV erneut vereidigt werden (BayObLG MDR 1979, 696). Der Dolmetscher kann sich aber gem. §§ 67, 72 auf seinen früheren Eid berufen.
Eine im EV vorgenommene Vereidigung kann die in der HV erforderliche jedoch nicht ersetzen (BGH NStZ 1992, 30 [K]; OLG Düsseldorf StV 1998, 480).
Rdn 3342
b) Nach § 189 GVG leistet der Dolmetscher den sog. Dolmetschereid (zur Eidesformel s. § 189 Abs. 1 S. 1 GVG). Der Dolmetschereid ist Voreid, wird also vor der Übertragung geleistet (Meyer-Goßner/Schmitt, § 189 GVG Rn 1).
Rdn 3343
2. Ist der Dolmetscher allgemein vereidigt, kann er sich auf diesen (allgemein) geleisteten Eid berufen (§ 189 Abs. 2 GVG; OLG Celle StV 2016, 896). Der Dolmetscher muss sich jedoch selbst auf den Eid berufen. Es reicht nicht aus, wenn im → Protokoll der Hauptverhandlung, Allgemeines, Teil P Rdn 2601, lediglich die Tatsache der allgemeinen Vereidigung vermerkt ist (wegen der Einzelh. Meyer-Goßner/Schmitt, § 189 GVG Rn 2). Der Umstand der allgemeinen Vereidigung wird, da es sich um einen Vorgang außerhalb der HV handelt, nicht von der Beweiskraft des Protokolls umfasst (OLG Frankfurt am Main StV 2006, 519; → Protokoll der Hauptverhandlung, Allgemeines, Teil P Rdn 2601). Diese Frage unterliegt dem → Freibeweisverfahren, Teil F Rdn 1997 (OG Celle StV 2016, 896; OLG Frankfurt am Main StV 2006, 519) und ist zu prüfen (s. wohl OLG Celle, a.a.O.).
☆ Die allgemeine Vereidigung der Dolmetscher ist nach Einführung des Gerichtsdolmetschergesetzes (GDolmG) des Bundes vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2121, 2124) nicht mehr Ländersache, sondern erfolgt nach eben diesem Gesetz. Ab dem 1.1.2027 können Dolmetscher sich nur noch auf die allgemeine Vereidigung nach dem GDolmG berufen (BGBl. 2019 I, S. 2124, i.V.m. BGBl. 2022 I, S. 1982), die Berufung auf landesrechtliche Vorschriften genügt dann nicht mehr. Ziel der Einführung des GDolmG war/ist es, die unterschiedlichen Regelungen in den Landesgesetzen zu beseitigen und bundesweit einheitliche und hohe Standards für die Beeidigung zu etablieren."allgemeine Vereidigung" der Dolmetscher ist nach Einführung des Gerichtsdolmetschergesetzes (GDolmG) des Bundes vom 10.12.2019 (BGBl. I, S. 2121, 2124) nicht mehr Ländersache, sondern erfolgt nach eben diesem Gesetz. Ab dem 1.1.2027 können Dolmetscher sich nur noch auf die allgemeine Vereidigung nach dem GDolmG berufen (BGBl. 2019 I, S. 2124, i.V.m. BGBl. 2022 I, S. 1982), die Berufung auf landesrechtliche Vorschriften genügt dann nicht mehr. Ziel der Einführung des GDolmG war/ist es, die unterschiedlichen Regelungen in den Landesgesetzen zu beseitigen und bundesweit einheitliche und hohe Standards für die Beeidigung zu etablieren.
Rdn 3344
2. Hinweis für den Verteidiger!
Der Verteidiger muss sich darüber im Klaren sein, dass bei Dolmetschern, die nicht allgemein vereidigt sind, keinerlei Gewähr für deren Professionalität gegeben ist. In Fällen der so genannten "Ad-hoc-Beeidigung" nach § 189 Abs. 1 GVG besteht daher häufig Anlass, die Kompetenz des vom Gericht hinzugezogenen Dolmetschers unter Hinweis auf das GDolmG und auf die Richtlinie 2010/64/EU über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren zu hinterfragen oder auch dessen Auswechslung bzw. die Bestellung eines allgemein vereidigten Dolmetschers zu verlangen.
Rdn 3345
3. Der Dolmetschereid ist eine wesentliche Förmlichkeit der HV, die daher nur mit dem → Protokoll der Hauptverhandlung, Allgemeines, Teil P Rdn 2601, bewiesen werden kann (BGH NJW 2012, 1015 [zugleich auch zur Protokollberichtigung in diesen Fällen]; NStZ 2014, 357; BGH StV 1997, 515; OLG Köln StV 2002, 662). Das muss der Verteidiger in der Revision beachten.
Rdn 3346
Auf der fehlenden Vereidigung des Dolmetschers wird das Urteil i.d.R. beruhen (Meyer-Goßner/Schmitt, § 189 GVG Rn 3 m.w.N.; u.a. BGH NStZ 2014, 357; BGH, Beschl. v. 6.6.2019 – 1 StR 190/19, NStZ 2020, 103; BGH, Beschl. v. 11.1.2022 – 3 StR 406/21, NStZ-RR 2022, 124; OLG Frankfurt am Main StV 2006, 519; OLG Hamm zfs 2004, 184; OLG Köln StV 2002, 662; OLG Stuttgart StV 2003, 661). Das wird anders gesehen, wenn die Richtigkeit der Übersetzung leicht kontrollierbar war (BGH NStZ 1998, 204; BGH NStZ 2014, 228 m. Anm. Ferber; OLG Stuttgart StV 2003, 661), oder, wenn bei einem jahrelang als Dolmetscher bei Gericht tätigen Übersetzer keine Anzeichen dafür sprechen, dass er sich im konkreten Fall seiner Verantwortung nicht bewusst wa...