Detlef Burhoff, Annika Hirsch
Rdn 5079
Literaturhinweise:
S. die Hinw. bei → Verteidiger, Ausschluss, Allgemeines, Teil V Rdn 5055.
Rdn 5080
1. Der Ausschluss des Verteidigers ist nur zulässig, wenn einer der in § 138a Abs. 1 Nr. 1–3 genannten Gründe vorliegt (→ Verteidiger, Ausschluss, Ausschließungsgründe, Teil V Rdn 5066) begangen hat. Dieser Tat muss der Verteidiger entweder dringend (→ Untersuchungshaft, Haftbefehl, Tatverdacht, Teil V Rdn 4707) oder (nur) hinreichend, sodass es die Eröffnung des Hauptverfahrens rechtfertigen würde, verdächtig sein (→ Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs. 2, Teil E Rdn 2238). Diese Verdachtsgrade gelten jedoch nicht wahlweise, sondern stehen in folgendem
Rdn 5081
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Der dringende Verdacht genügt immer. Er liegt vor, wenn der Ausschließungsgrund mit großer Wahrscheinlichkeit gegeben ist und entspricht damit dem dringenden Tatverdacht i.S.d. § 112. Bei der Prüfung, ob dringender Verdacht gegeben ist, müssen alle Umstände in eine Gesamtwürdigung einbezogen werden (BGH NJW 1984, 316; OLG Hamburg NStZ 1983, 426). |
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Der hinreichende Verdacht verlangt eine geringere Wahrscheinlichkeit für das Bestehen des Ausschließungsgrundes als der dringende Verdacht. Er verlangt – wie § 203 – bei vorläufiger Bewertung der vorhandenen, aus den Akten ersichtlichen Beweisumstände die Wahrscheinlichkeit der späteren Verurteilung (Meyer-Goßner/Schmitt, § 203 Rn 2). Er genügt nur, wenn dem Verteidiger strafbares Verhalten vorgeworfen wird. Es ist jedoch nach wohl h.M. nicht zusätzlich auch noch Voraussetzung, dass wegen dieses Vorwurfs gegen den Verteidiger ein EV eingeleitet und bis zur Anklagereife gediehen ist (BGHSt 36, 133; StV 1996, 470; BGH, Beschl. v. 18.4.2018 – 2 ARs 542/17, StV 2020, 147; Frye wistra 2005, 86, 87; a.A. [früher] BGH AnwBl 1981, 115; KG NStZ-RR 2016, 18; wohl a. Meyer-Goßner/Schmitt, § 138a Rn 14 m.w.N.; zur Kritik die Ausführungen bei → Beschlagnahme, Beschlagnahme der Handakten bzw. von Computerdateien des Verteidigers/Rechtsanwalts, Teil A Rdn 933, die entsprechend gelten). |
Rdn 5082
2. Im Verfahren wegen Straftaten nach §§ 129a, 129b StGB (Bildung terroristischer Vereinigungen) ist nach § 138a Abs. 2 für die Ausschließungsgründe des § 138a Abs. 1 Nr. 1 und 2 weder dringender noch hinreichender Tatverdacht erforderlich. Es genügt vielmehr – wie bei § 100a (→ Telefonüberwachung, Voraussetzungen, Teil V Rdn 4574) – der auf bestimmte Tatsachen gestützte Verdacht für das rechtlich zu missbilligende Verteidigerverhalten (KG NJW 1978, 1538).
Siehe auch: → Verteidiger, Ausschluss, Allgemeines, Teil V Rdn 5054, m.w.N.