Detlef Burhoff, Annika Hirsch
Rdn 5317
Literaturhinweise:
Beulke/Ruhmannseder, Die Strafbarkeit des Verteidigers, 2. Aufl., 2010
Böhle, Die Beziehung von Verteidiger und Mandant – eine psychoanalytische Sicht, StraFo 2021, 323
Burhoff/Stephan, Strafvereitelung durch Strafverteidiger, 2007
Gercke, Grenzen zulässiger Strafverteidigung aus anwaltlicher Sicht, StV 2020, 201
Pfeiffer, Zulässiges und unzulässiges Verteidigerhandeln, DRiZ 1984, 341
s.a. die Hinw. bei → Akteneinsicht, Unterrichtung des Beschuldigten, Teil A Rdn 530.
Rdn 5318
1. I.d.R. kann der Verteidiger alles Wissen, das er hat, an den Mandanten weitergeben (s. § 11 BORA). Das gilt insbesondere auch für die Kenntnisse, die er zulässig aus einer AE erlangt hat (so wohl auch BVerfG NJW 2006, 3197; Burhoff/Stephan, Rn 57 ff.; → Akteneinsicht, Unterrichtung des Beschuldigten, Teil A Rdn 530, m.w.N. zur Frage der Zulässigkeit der Überlassung/Weitergabe von (kinder)pornografischem Aktenmaterial an den Mandanten).
Rdn 5319
2. Für darüber hinausgehende Kenntnisse, z.B. aus einem vertraulichen Gespräch mit dem StA oder durch AE ohne entsprechende Anordnung des StA, gehen die Meinungen auseinander. Teilweise wird die Weitergabe generell als zulässig angesehen (Krekeler NStZ 1989, 149; Tondorf StV 1983, 257 ff.; wohl auch Dahs, Rn 71 unter Hinw. auf die "Schutzaufgabe" des Verteidigers), teilweise wird vertreten, dass der Verteidiger solche Informationen auf keinen Fall an seinen Mandanten weitergeben dürfe (Pfeiffer DRiZ 1984, 348; Fischer, § 258 Rn 22; differenzierend Beulke/Ruhmannseder, a.a.O., Rn 46 ff. Gercke StV 2020, 201, 205 f.; s.a. BGHSt 29, 99; → Verteidiger, Verteidigerhandeln und Strafrecht, Teil V Rdn 5273). Der Streit ist in der Praxis besonders von Bedeutung für Maßnahmen, die auf einem Überraschungsmoment beruhen, wie z.B. ein HB oder eine Durchsuchungsmaßnahme. Dazu wird auf die Ausführungen bei → Akteneinsicht, Unterrichtung des Beschuldigten, Teil A Rdn 536 ff. verwiesen (zu allem auch noch Bosbach u.a., Rn 216 f.; Dahs, a.a.O.). Andere Informationen wird der Verteidiger auf jeden Fall weitergeben dürfen, ob es zweckmäßig ist, ist eine andere Frage (Dahs NStZ 1988, 157 [für Informationen, die aus Gesprächen über → Absprachen/Verständigung, Allgemeines, Teil A Rdn 125, m.w.N., stammen]).
☆ Wegen der ungeklärten Rechtslage – auch § 11 BORA hilft nicht weiter – muss der Verteidiger sorgfältig abwägen , ob und welche Informationen er an seinen Mandanten weitergibt. Sind ihm Informationen vertraulich gegeben worden, sollte er die Vertraulichkeit auf jeden Fall wahren ( Bosbach u.a., Rn 162; Dahs , Rn 71 und 178).sorgfältig abwägen, ob und welche Informationen er an seinen Mandanten weitergibt. Sind ihm Informationen vertraulich gegeben worden, sollte er die Vertraulichkeit auf jeden Fall wahren (Bosbach u.a., Rn 162; Dahs, Rn 71 und 178).
Siehe auch: → Akteneinsicht, Unterrichtung des Beschuldigten, Teil A Rdn 530; → Akteneinsicht, Unterrichtung Dritter, Teil A Rdn 543.