Rz. 405

Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke dann unmittelbar, wenn sie selbst diese Zwecke verwirklicht (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AO). Entscheidend für die Unmittelbarkeit der Zweckverfolgung i. S. d. § 57 AO ist also nicht, ob eine Tätigkeit auf unmittelbare oder mittelbare Weise steuerbegünstigte Zwecke befördert. Die insofern angesprochenen Zwecke einer Handlung sind gemeinnützigkeitsrechtlich nach §§ 52 bis 54 AO zu beurteilen. Für die Voraussetzungen des § 57 AO ist vielmehr maßgeblich, ob die steuerbegünstigte Körperschaft solche Zwecke durch eigenes oder ihr zurechenbares Handeln selbst und unmittelbar verfolgt.[561] Erforderlich ist also eine persönliche Unmittelbarkeit des Wirkens, keine sachliche Unmittelbarkeit der Wirkungen. So erfüllt die Auslobung von Preisen oder die Gewährung von Stipendien durch eine Stiftung das Merkmal der Unmittelbarkeit, weil die Stiftung dadurch selbst Anreize gibt, sich auf dem Gebiet ihrer satzungsmäßigen gemeinnützigen Zwecke zu betätigen.[562] Das öffentliche Gesundheitswesen wird nicht nur durch ein Tätigwerden "am Patienten" gefördert, sondern auch eine Betätigung, welche die Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens voranbringt und verbessert, ist gemeinnützig.[563] Dagegen ist die rein finanzielle, sachliche oder personelle Unterstützung der gemeinnützigen Zweckverfolgung anderer Körperschaften keine unmittelbare Zweckverwirklichung – sie kann aber nach §§ 57 Abs. 2, 58 Nr. 1, Nr. 2 AO zulässig sein.[564]

[561] Zu dieser Abgrenzung ausführlich: Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, § 4 Rn. 35 ff.
[563] Vgl. zur unmittelbaren Förderung des Gesundheitswesens Hüttemann/Schauhoff, FR 2007, S. 1133, 1136.

1.5.3.1 Hilfspersonen

 

Rz. 406

Die Körperschaft ist dann selbst tätig, wenn sie durch ihre Organe oder Vertreter handelt oder wenn sie sich einer Hilfsperson bedient. Voraussetzung für die unmittelbare Zweckverwirklichung durch eine Hilfsperson ist, dass "nach den rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen, die zwischen der Körperschaft und der Hilfsperson bestehen, das Wirken der Hilfsperson wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist" (§ 57 Abs. 1 Satz 2 AO).[565] § 57 Abs. 1 Satz 2 AO ist eine Zurechnungsnorm.[566] Das Wirken der Hilfsperson muss der Stiftung wie eigenes Handeln zuzurechnen sein, etwa indem die Hilfsperson im Namen und für Rechnung der Körperschaft tätig wird. Nicht erforderlich ist es, dass die Körperschaft Hilfspersonen einsetzt, weil sie selbst zu einer entsprechenden Ausübung nicht in der Lage ist.

 

Rz. 407

Jede natürliche oder juristische Person und Personenvereinigung kann Hilfsperson sein.[567] Entscheidend ist, dass die Hilfsperson nach Weisung der Körperschaft einen konkreten Auftrag ausführe. Dabei soll die Körperschaft durch Vorlage einer entsprechenden Vereinbarung nachweisen, dass sie den Inhalt und den Umfang der Tätigkeit bestimmen kann.[568] Aus der Vereinbarung (typischerweise Dienst- oder Werkvertrag) soll sich ergeben, dass die Hilfsperson im Innenverhältnis zu der Körperschaft weisungsgebunden ist. So ist es z. B. zulässig, dass eine Körperschaft zur Suchtberatung nicht nur eigenes Personal einsetzt, sondern bei Bedarf auch externe Psychologen, Therapeuten und Soziologen als Hilfspersonen heranzieht. Das Handeln dieser Personen ist der Körperschaft ggf. aufgrund sachlicher Weisungsgebundenheit zuzurechnen. Natürliche oder juristische Personen aus dem Ausland können ebenfalls als Hilfspersonen fungieren.[569]

 

Rz. 408

 
Hinweis

Gemeinnützigkeit von Hilfspersonen

Durch die jüngere Rechtsprechung sowie durch die Novellierung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung dürfte die Gestaltung gemeinnütziger Holdinggesellschaften erleichtert worden sein.[570] Die Finanzverwaltung ist dem Bundesfinanzhof gefolgt und hat ihre Auffassung aufgegeben, dass Hilfspersonen, die überwiegend gemeinnützige Tätigkeiten für andere Personen weisungsgebunden im Rahmen eines Dienst-, Arbeits- oder Werkvertrages verrichten, aufgrund mangelnder Unmittelbarkeit selbst nicht gemeinnützig sein können.[571] Zwar vermittelt ein Handeln als Hilfsperson allein noch keine eigene steuerbegünstigte Tätigkeit.[572] Die Steuerbegünstigung ist jedoch nicht ausgeschlossen, wenn die Körperschaft mit ihrer Hilfspersonentätigkeit nicht nur die steuerbegünstigte Tätigkeit einer anderen Körperschaft unterstützt, sondern zugleich eigene steuerbegünstigte Satzungszwecke verfolgt.[573] Damit kann eine nunmehr selbst gemeinnützige Hilfsperson etwa einer überwiegend vermögensverwaltend tätigen Körperschaft den Gemeinnützigkeitsstatus vermitteln, sofern die gemeinnützige Person gegenüber der vermögensverwaltenden Körperschaft weisungsgebunden ist.

[565] Vgl. dazu Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, § 4, Rn. 45 ff.; Holland, DStR 2006, S. 1783 ff.
[566] Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrech...

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