Rdn 3289

 

Literaturhinweise:

S. die Hinw. bei → Vereidigung eines Zeugen, Teil V Rdn 3259, und bei → Vereidigungsverbot, Teil V Rdn 3274.

 

Rdn 3290

1. § 61 Nr. 5 a.F. sah bis zur Aufhebung der Vorschrift durch das 1. JuMoG vor, dass bei einem allseitigen Verzicht auf die Vereidigung eines Zeugen von dessen Vereidigung abgesehen werden konnte. In der Praxis wurde von dieser Vorschrift so viel Gebrauch gemacht, dass der gesetzliche Regelfall der Vereidigung die Ausnahme und die Nichtvereidigung die Regel war. Strate (StV 1984, 42 ff.) hat insoweit von einer "schädlichen Unsitte" bzw. "schädlichen Handlungsweise" gesprochen und für einen "Verzicht auf den Verzicht" plädiert. Der "Verzicht auf den Verzicht" hatte den Vorteil, dass der Verteidiger durch einen Vereidigungsantrag nicht nur einen Zeugen unter den Druck eines ggf. zu leistenden Eides setzen konnte. Er konnte so auch das Gericht zwingen zu entscheiden, ob nicht andere Gründe für das Absehen von der Vereidigung nach §§ 60, 61 a.F. gegeben waren (dazu Strate StV 1984, 43).

 

Rdn 3291

 

2. Hinweis für den Verteidiger!

Nach den Änderungen des Vereidigungsrechts durch das 1. JuMoG steht dem Verteidiger die Möglichkeit, über den "Verzicht auf den Verzicht" etwas zur Einschätzung des Zeugen durch das Gericht zu erfahren, nicht mehr zur Verfügung. Die Möglichkeit des Absehens von der Vereidigung ist mit Einführung der Regelnichtvereidigung entfallen. Der Verteidiger hat nun keine andere Möglichkeit als dem dadurch zu begegnen, dass er durch einen Vereidigungsantrag versucht, etwas zur Einschätzung des Gerichts zu erfahren. Geht man nämlich davon aus, dass zumindest der Beschluss, der einen Vereidigungsantrag ablehnt, begründet werden muss (dazu Hirtz/Sommer, 1. Justizmodernisierungsgesetz, S. 67; Peglau/Wilke NStZ 2005, 189; → Vereidigung eines Zeugen, Teil V Rdn 3259 m.w.N. [zu der teilweise a.A. des BGH]), bietet allein dieser Antrag eine Möglichkeit, etwas von der Einschätzung des Gerichts zu erfahren. So wird das Gericht nämlich ggf. darlegen müssen, warum z.B. die Aussage des Zeugen keine ausschlaggebende Bedeutung hat. An diese Beurteilung ist es dann später bei der Beweiswürdigung gebunden bzw. wird von ihr nicht ohne Hinweis abweichen können.

 

☆ Der Verteidiger sollte daher auf den Vereidigungsantrag nicht automatisch verzichten . Insofern kann man also immer noch von einem Verzicht auf den Verzicht sprechen.Vereidigungsantrag nicht automatisch verzichten. Insofern kann man also immer noch von einem "Verzicht auf den Verzicht" sprechen.

Siehe auch: → Vereidigung eines Zeugen, Teil V Rdn 3259.

[Autor] Burhoff/Hirsch

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