Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die behördliche Vaterschaftsanfechtung durch das hierfür zuständige Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt nach § 1600 Abs. 1 Nr. 5 BGB.
Die Kindesmutter war nigerianische Staatsangehörige und im Januar 2004 illegal in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist. Am 12.2.2007 gebar sie einen Sohn, den Antragsgegner zu 1). Zuvor war die Kindesmutter in Abschiebehaft genommen worden. Sie erhielt sodann eine zunächst befristete Aufenthaltserlaubnis, die fortlaufend verlängert wurde.
Der Vater des Kindes, der Antragsgegner zu 2) war mosambikanischer Staatsangehöriger und hielt sich seit 1989 im Bundesgebiet auf. Am 30.4.1999 erhielt er eine Aufenthaltserlaubnis der Ausländerbehörde. Er hat die Vaterschaft für den Antragsgegner zu 1) am 13.3.2007 anerkannt.
Der Antragsgegner zu 2) hat unstreitig mit der Kindesmutter und/oder dem Kind zu keinem Zeitpunkt zusammengelebt.
Zwischen dem Antragsgegner zu 2) und dem Antragsgegner zu 1) fand mehrfach monatlich Kontakt über bis zu vier Tagen statt, an denen u.a. auch Geschenke überreicht wurden und kleinere Unternehmungen stattfanden. Während dieser Zeit wohnte der Antragsgegner zu 2) mit in der Wohnung der Kindesmutter.
Der Antragsteller hat beantragt, festzustellen, dass der Antragsgegner zu 2) nicht der Vater des am 12.2.2007 geborenen Kindes ist. Dabei hat er die Auffassung vertreten, eine sozial-familiäre Beziehung zwischen der Kindesmutter bzw. dem Kind und dem Kindesvater habe zu keinem Zeitpunkt bestanden, zumal diese nie zusammengelebt hätten und gelegentliche Kontakte nicht geeignet seien, eine derartige Beziehung zu begründen.
Der Antragsgegner zu 1) hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Der Antragsgegner zu 2) hat keinen Antrag gestellt.
Das AG hat zunächst die Einholung eines schriftlichen Abstammungsgutachtens eingeholt.
Durch den am 29.4.2010 verkündeten Beschluss hat das AG festgestellt, dass der Antragsgegner zu 1) nicht das Kind des Antragsgegners zu 2) sei. Es sei nach den Feststellungen des Abstammungsgutachtens davon auszugehen, dass der Antragsgegner zu 2) nicht der leibliche Vater des Antragsgegners zu 1) sei. Weiter sei das AG zu dem Schluss gekommen, dass eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Antragsgegner zu 1) und dem Antragsgegner zu 2) weder bei Geburt noch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestanden habe.
Gegen den Beschluss wandte sich der Antragsgegner zu 1) mit der Beschwerde. Er erhob verfassungsrechtliche Bedenken und vertrat die Auffassung, der Antragsgegner zu 2) sei der soziale Vater.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG habe der Antragsteller nicht darlegen und nachweisen können, dass zwischen dem Kind, dem Antragsgegner zu 1) und dem Vater, dem Antragsgegner zu 2), zu den maßgeblichen Zeitpunkten, nämlich den der Anerkennung bzw. der letzten mündlichen Verhandlung, keine sozial-familiäre Beziehung bestanden habe.
Die hier erfolgte Anfechtung der zuständigen Behörde setze voraus, dass zwischen dem Kind und dem Anerkennenden keine sozial-familiäre Beziehung bestehe. Darüber hinaus müsse festgestellt werden, dass das Kind nicht von dem Anerkennenden abstamme.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung der sozial-familiären Bindung sei dementsprechend einerseits der Zeitpunkt der Anerkennung, andererseits derjenige der letzten mündlichen Verhandlung.
Der Umstand, dass die Anfechtungsbestimmungen erst zum 1.6.2008 in Kraft getreten seien und der Antragsgegner zu 1) bereits vorher geboren worden sei, hindere die Anwendung der Anfechtungsvorschriften zugunsten des Antragstellers nicht. Denn auch für diese Altfälle seien die Regelungen sowohl mit Art. 6 GG als auch mit den Regelungen zu Art. 100 GG in Bezug auf die Vorschriften des § 1600 Abs. 1 Nr. 5, Art. 229 § 16 EGBGB als verfassungsgemäß anzusehen.
In der Sache selbst habe das AG zutreffend festgestellt, dass der erlaubte Aufenthalt des Antragsgegners zu 1) und der Mutter in der Bundesrepublik Deutschland durch die Vaterschaftsanerkennung des Antragsgegners zu 2) gesichert worden sei. Ferner habe es nach Einholung des schriftlichen Abstammungsgutachtens vom 26.2.2010 zutreffend festgestellt, dass der Antragsgegner zu 2) nicht der Erzeuger des Antragsgegners zu 1) sei.
Dennoch dringe die Anfechtung der nachweisbelasteten Behörde nicht durch, da der Bestand einer sozial-familiären Beziehung zwischen den Antragsgegnern nicht ausgeschlossen werden könne. Diese entscheidungserhebliche Frage hätte das AG zunächst, nämlich vor der Einholung des Abstammungsgutachtens, aufklären müssen, da durch die Begutachtung in massiver Weise in eine wie auch immer ausgerichtete und ausgestaltete Beziehung der Eltern und des Kindes eingegriffen werde.
Die Annahme des AG, es läge keine sozial-familiäre Beziehung vor, sei danach und aufgrund weiterer hervorgetretener Tatsachen zu beanstanden. Das AG führe in seiner Würdigung aus, dass monatliche Kontakte von zwei- bis dreimal zum Besuch und zum erweiterten Umgang, die in der Ver...