Leitsatz

Die nicht verheiratete Mutter eines im April 2009 geborenen Kindes lebte mit dem Mann zusammen, der die Vaterschaft anerkannt hatte.

Der Kläger, der sich nach der Geburt des Kindes um die Anerkennung der Vaterschaft bemüht hatte, begehrte Prozesskostenhilfe für eine Vaterschaftsanfechtungsklage und berief sich darauf, der biologische Vater des Kindes zu sein.

Erstinstanzlich wurde ihm Prozesskostenhilfe versagt.

Die hiergegen von ihm eingelegte sofortige Beschwerde war erfolgreich.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Anders als das AG hat das OLG hinreichende Erfolgsaussichten der von dem Kläger beabsichtigten Rechtsverfolgung bejaht.

Das für die Anfechtung der Vaterschaft durch den potentiellen biologischen Vater nach § 1600 Abs. 2 BGB erforderliche Nichtbestehen einer sozial-familiären Beziehung zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind müsse im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Nach der gesetzlichen Vermutung sei von der Übernahme tatsächlicher Verantwortung u.a. dann auszugehen, wenn der Vater mit dem Kind "längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft zusammengelebt habe" wie in § 1600 Abs. 4 S. 2 BGB formuliert.

Es sei umstritten, welche Zeitdauer für ein "längeres Zusammenleben" verstrichen sein müsse. Die dazu in der Literatur vertretenen Meinungen reichten von drei Monaten bis zu zwei Jahren. Höchstrichterlich entschieden sei die Frage nach der erforderlichen Zeitdauer noch nicht.

Letztendlich konnte die Zeitdauer im vorliegenden Fall nach Auffassung des OLG dahinstehen, weil nach dortiger Auffassung zur näheren Bestimmung einer sozial-familiären Beziehung sowohl auf das Alter des Kindes als auch auf die Dauer des Zusammenlebens abgestellt werden müsse. Eine Beziehung bzw. Bindung zwischen einem sehr kleinen Kind und seiner männlichen Bezugsperson entwickle sich weniger schnell und intensiv als bei einem älteren Kind. Darüber hinaus spreche die Bereitschaft des Klägers, die Vaterschaft anzuerkennen, dafür, von einem längeren Zeitraum auszugehen. Schließlich müsse im Hauptsacheverfahren dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Mutter durch eine Beziehung zu einem anderen Mann, der die Vaterschaft anerkannt habe, die rechtliche Vater- und Elternschaft des potentiellen biologischen Vaters verhindern könne.

 

Link zur Entscheidung

OLG Bremen, Beschluss vom 21.06.2010, 4 WF 65/10

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