Leitsatz
Das OLG Dresden hat sich in dieser Entscheidung damit auseinandergesetzt, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Anwaltsbeiordnung im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe in einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren erforderlich ist.
Sachverhalt
Ein im August 2009 geborenes Kind (Beteiligter zu1.) hatte, vertreten durch das Landratsamt, beim AG Feststellung dahingehend beantragt, dass der Beteiligte zu 3. sein Vater sei. Der Beteiligte zu 1. hatte vorgetragen, seine Mutter, die Beteiligte zu 2., habe mit dem Beteiligten zu 3. während der gesetzlichen Empfängniszeit geschlechtlich verkehrt.
Der anwaltlich vertretene Beteiligte zu 3. hat beantragt, den Antrag auf Feststellung der Vaterschaft abzuweisen. Er habe sich von der Mutter des Antragstellers im Januar 2009 getrennt. Er bestritt nicht, ihr während der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt zu haben. Gleichwohl verblieben ihm Zweifel, ob er wirklich der Vater sei.
Das AG hat dem Beteiligten zu 3. Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt, die Beiordnung eines Rechtsanwalts jedoch abgelehnt. Mit Beweisbeschluss vom selben Tage hat es die Einholung eines Abstammungsgutachtens angeordnet.
Gegen die Nichtbeiordnung eines Rechtsanwalts wandte sich der Beteiligte zu 3. mit seiner Beschwerde.
Sein Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.
Entscheidung
Das OLG wies darauf hin, dass ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt nach Wahl des Verfahrenskostenhilfeberechtigten nur beigeordnet werde, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheine (§ 78 Abs. 2 FamFG).
Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung zur mit dem FamFG neu eingeführten Vorschrift des § 78 Abs. 2 FamFG führte das OLG aus, es komme nach der Neufassung des Gesetzes auf die existentielle Bedeutung der Sache nicht an. Nach dem Wortlaut des § 78 Abs. 2 FamFG und der Gesetzesbegründung sei allein entscheidend, ob die Sach- und Rechtslage so schwierig sei, dass die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheine. Auf die existentielle Bedeutung sei nicht mehr abzustellen (BGH, Beschl. v. 23.6.2010 - XII ZB 232/09, juris Rz. 19; a.A. OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.12.2009, 5 WF 267/09, juris, Rz. 2).
Auch der Grundsatz der Waffengleichheit gebiete nicht regelmäßig die Beiordnung eines Anwalts. Dieser Grundsatz sei für die Amtsermittlungsverfahren des FamFG vom Gesetzgeber ausdrücklich aufgegeben worden, indem die entsprechende Passage des § 121 Abs. 2 ZPO nicht in § 78 Abs. 2 FamFG übernommen worden sei.
Entscheidend sei, ob im Einzelfall die Sach- und Rechtslage unter Berücksichtigung der subjektiven Fähigkeiten des Beteiligten so schwierig sei, dass ein bemittelter Rechtssuchender vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte (BGH, Beschl. v. 23.6.2010 - XII ZB 232/09, juris).
Diese Voraussetzung wäre dann gegeben, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt im konkreten Fall erforderlich sei, damit der Beteiligte seine Rechte im Verfahren sachgerecht wahrnehmen könne.
Auf den vorliegenden Fall bezogen sei davon auszugehen, dass auch der Anwalt einen nennenswerten Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens nicht hätte nehmen können. Das bloße Vorbringen, man vermute Mehrverkehr, könne auch ein juristischer Laie ohne weiteres selbst vorbringen. Eines Rechtsanwalts bedürfe es hierzu nicht.
Die Sach- und Rechtslage sei auch nicht bereits deswegen schwierig, weil das Verfahren in Vaterschaftsfeststellungssachen von demjenigen des allgemeinen Zivilprozesses und vom Familienverfahren abweiche. Für den juristischen Laien könne die Abweichung als solche schon deshalb keine besondere Schwierigkeit begründen, weil ihm schon der allgemeine Zivilprozess und das Familienverfahrensrecht nicht bekannt seien. Ihm sei in der Regel das eine Verfahrensrecht so fremd wie das andere.
Schließlich ergebe sich eine besondere Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage auch nicht daraus, dass der Beteiligte zu 1. rechtskundige Unterstützung des Jugendamtes erfahre. Wie dargestellt gebiete der Grundsatz der Waffengleichheit nicht mehr regelmäßig die Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Link zur Entscheidung
OLG Dresden, Beschluss vom 28.07.2010, 23 WF 535/10